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Wirtschaft: Daimler-Chrysler zahlt 275 Millionen Euro

US-Sammelklage wegen Fusion durch Vergleich erledigt/Milliardenklage von Großaktionär Kerkorian läuft weiter

Berlin (alf). DaimlerChrysler hat eine Sammelklage von früheren Chrysler-Aktionären in den USA mit einem Vergleich abgewendet und zahlt dafür rund 275 Millionen Euro. Laut Konzernsprecher Hartmut Schick haben die klagenden Aktionäre insgesamt etwa 650 Millionen Aktien vertreten. Wenn die Jury des Lokalgerichts nun für jede Aktie zehn Dollar Schadenersatz verhängt hätte, was Schick zufolge nicht abwegig gewesen sei, dann wäre Daimler mit sechs Milliarden Euro zur Kasse gebeten worden. Dieses Risiko sei zu groß gewesen, sagte Schick auf Anfrage, deshalb habe sich der Konzern auf den Vergleich eingelassen, „ohne das dies als Schuldeingeständnis zu bewerten ist“.

Gegen die Schadenersatzklage des US-Milliardärs Kirk Kerkorian will der Konzern gegebenenfalls bis in die letzte Instanz gehen. Und zwar deshalb, weil Kerkorian als Chrysler-Großaktionär immer informiert gewesen sei über den Fusionsprozess, und weil zum Zweiten das Kerkorian-Verfahren nicht von einer lokalen Jury entschieden werde, das Risiko also für Daimler-Chrysler geringer sei. Kerkorian hat auf acht Milliarden Dollar Schadenersatz geklagt, bei der jetzt erledigten Sammelklage ging es sogar um 22 Milliarden Dollar.

Daimler-Chrysler wird nun 300 Millionen Dollar (275 Millionen Euro) an die Kläger zahlen, die sich von Daimler-Vorstandschef Jürgen Schrempp bei der Fusion mit Chrysler vor fünf Jahren übervorteilt fühlten. Das Bezirksgericht am Chrysler-Firmensitz im US-Bundesstaat Delaware muss dem Vergleich noch zustimmen. „Die Beendigung des Rechtsstreits ermöglicht es Daimler-Chrysler, seine Kräfte auf das operative Geschäft zu konzentrieren“, hieß es am Freitag in einer Mitteilung von Daimler-Chrysler. Die Börse sah das offenbar ähnlich, kurz nach Bekanntgabe des Vergleichs drehte die Daimler-Chrysler-Aktie ins Plus. Eine Versicherung für Vorstände und Aktionäre wird nach Angaben des Konzerns rund 200 der 275 Millionen Euro übernehmen.

Die Kläger gegen Daimler-Chrysler beziehen sich auf die ursprüngliche Devise, wonach der Zusammenschluss der Autokonzerne im Jahr 1998 als „Fusion unter Gleichen“ bezeichnet worden war. Schrempp hatte später jedoch in einem Interview mehr oder weniger deutlich von einer Übernahme von Chrysler durch Daimler-Benz gesprochen. Kerkorian argumentierte daraufhin, er sei getäuscht worden. Die Entscheidung, ob das Verfahren mit mehreren hunderttausend Seiten Prozessakten tatsächlich aufgenommen wird, trifft der Richter vermutlich im Dezember. Daimler-Chrysler-Sprecher Schick ist zuversichtlich, dass es keinen Prozess geben wird. Und wenn doch, „werden wir das durchfechten“.

In Analystenkreisen wurde der Vergleich positiv bewertet. „Das ist für Daimler-Chrysler sehr günstig gelaufen“, sagte Rolf Woller von der Hypo-Vereinsbank. „Die Aussichten für Kerkorian sind damit deutlich schlechter geworden. Wenn schon die Kleinaktionäre wenig bekommen, sollte er als Insider gar nichts kriegen“, sagte Woller der Nachrichtenagentur Reuters. Ein anderer Analyst, der nicht genannt werden wollte, zeigte sich überrascht: „Ich hatte die Gefahr aus diesen Klagen als minimal eingeschätzt. Deshalb finde ich die Regelung sehr teuer“, sagte er.

Unterdessen droht Tracinda, der Investmentfirma von Kerkorian, nach einem Bericht der „Financial Times“ selbst eine Klage von Chrysler-Aktionären. Eine Kanzlei aus Philadelphia versuche eine Sammelklage anzustrengen, weil sich Tracinda vor der Fusion des Insiderhandels schuldig gemacht habe. Daimler-Chrysler hatte im Verlauf des Verfahrens erklärt, ein Vertreter Kerkorians sei bei den Fusionsverhandlungen laufend über die Entwicklung informiert worden.

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