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Wirtschaft: Daimler erwartet höhere Subventionen für Berliner Werk

Autokonzern könnte von neuen Regeln für öffentliche Investitionshilfen in der Europäischen Union profitieren

Brüssel (tog). ,,Für uns ist der Beihilfeantrag von Daimler zunächst einmal erledigt,“ sagte ein Sprecher der EUKommission am Mittwoch in Brüssel. Nachdem das Bundesfinanzministerium den Antrag auf Genehmigung von rund 52 Millionen Euro Staatsbeihilfe für das Daimler-Chrysler-Motorenwerk in Berlin-Marienfelde Anfang der Woche zurückgezogen hat, konnten die Brüsseler Wettbewerbshüter die Aktendeckel des reichlich komplizierten EU-Beihilfeverfahrens schließen – vorerst. Denn der Rückzug von Daimler bedeutet keineswegs, dass der deutsch-amerikanische Konzern auf staatliche Subventionen verzichten will. In der Stuttgarter Zentrale hat man sich offenbar entschlossen, einen einfacheren und schnelleren Weg einzuschlagen, um staatliche Millionenbeihilfen für den Ausbau des Berliner Motorenwerks an Land zu ziehen.

Anfang Oktober vergangenen Jahres hatte die Bundesregierung in Brüssel einen Antrag auf Genehmigung von Investitionsbeihilfen für das Daimler-Projekt in Marienfelde gestellt. Dort baut Daimler-Chrysler schon seit langem Motoren für die ganze Personenwagen-Palette, vom Smart über Mercedes-Limousinen bis zur Luxuskarosse Maybach. Der Konzern will nun, so heißt es, das Motorenwerk Marienfelde mit Investitionen in Höhe von mehr als 200 Millionen Euro ausbauen, um künftig am Standort Berlin auch Dieselmotoren zu produzieren. Für das von hoher Arbeitslosigkeit betroffene Land Berlin wäre der Ausbau des Werks Marienfelde, an dem bisher 3200 Arbeitnehmer beschäftigt sind, hoch willkommen. Damit könnten 730 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die EU-Wettbewerbshüter hatten im Oktober vergangenen Jahres zwar 188 Millionen der geplanten Gesamtinvestitionen von 200 Millionen als grundsätzlich förderungswürdig eingestuft, aber gleichzeitig angekündigt, dass sie das Projekt im Rahmen eines ,,vertieften Prüfverfahrens“ genauer unter die Lupe des europäischen Wettbewerbsrechts nehmen wollten. In Brüssel hatte man nämlich Zweifel, ob eine staatliche Subvention für einen Großkonzern wie Daimler-Chrysler in dieser Höhe tatsächlich notwendig und gerechtfertigt ist.

Die Planer in der Stuttgarter Daimler-Zentrale mussten sich folglich auf ein kompliziertes und langwieriges Hin und Her einstellen. Im Extremfall kann ein vertieftes Prüfverfahren der Brüsseler Wettbewerbsbehörde bis zu 18 Monate dauern. Doch seit dem 1. Januar gelten in Brüssel neue Regeln für die Genehmigung von staatlichen Beihilfen. Während bisher in der hart umkämpften, wettbewerbsrechtlich als ,,sensibel“ eingestuften Automobilbranche besonders scharfe Regeln galten, kann seit Jahresbeginn in Brüssel der allgemeine ,,multisektorale Rahmen“ für die Beihilfeprüfung angewandt werden. Mit anderen Worten: Das komplizierte, langwierige Genehmigungsverfahren entfällt.

Die bisher bewährten Regeln der Regionalbeihilfen werden auch auf die Automobilindustrie angewandt. Obwohl Marienfelde im alten Westen liegt, fährt Daimer-Chrysler besser, wenn der Ausbau des Motorenwerks jetzt im Rahmen der normalen Regionalbeihilfen beantragt wird. 20 Prozent der Investitionssumme könnten danach öffentliche Beihilfen sein. Doch offenbar rechnet man in der Stuttgarter Zentrale mit noch mehr staatlichem Zuschuss. Gegenwärtig verhandelt Daimler-Chrysler mit dem Berliner Senat und der Bundesregierung, ob und wie ein neuer Genehmigungsantrag für staatliche Subventionen über ,,20 Prozent plus X“ in Brüssel gestellt wird.

Noch sei nichts entschieden, heißt es aus Stuttgarter Konzernkreisen. Doch alle gehen davon aus, dass sehr bald ein neuer Antrag auf Genehmigung einer millionenschweren Beihilfe für Daimler-Chrysler auf dem Tisch der Brüsseler Wettbewerbshüter liegen wird – diesmal voraussichtlich mit deutlich besseren Chancen auf rasche Genehmigung.

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