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Wirtschaft: Das DIW sieht kein Aus für die Mini-Beschäftigungsverhältnisse

Nichts Genaues weiß man nicht - da lässt es sich trefflich spekulieren. So über die Neuregelung der 630-Mark-Jobs, die seit dem 1.

Nichts Genaues weiß man nicht - da lässt es sich trefflich spekulieren. So über die Neuregelung der 630-Mark-Jobs, die seit dem 1. April sozialversicherungspflichtig sind. Jetzt hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin im aktuellen Wochenbericht Daten aus seinem Sozio-Ökonomischen Panel vorgelegt, mit denen sich die Folgen der umstrittenen Reform abschätzen lassen. Zwar stammen die Zahlen aus dem Jahr 1997, sie dürften sich aber laut DIW nicht grundsätzlich von denen aus dem laufenden Jahr unterscheiden. Zudem liegen verlässliche statistische Angaben über die Reaktion der betroffenen Beschäftigten noch nicht vor.

Was würde man zunächst erwarten? Die Einführung der Sozialversicherungspflicht vermindert die Netto-Einkommen so, dass die Zahl der Mini-Jobber zurückgeht. Warum? Wenn der Arbeitnehmer im Hauptberuf sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, wird sein Einkommen aus einer geringfügigen Nebenbeschäftigung nun in die Beitragspflicht einbezogen. Erzielt der Arbeitnehmer im Hauptberuf ein Einkommen von brutto 5000 Mark und im Nebenjob 630 Mark, dann muss er für das gesamte Einkommen von 5630 Mark Sozialversicherungsbeiträge zahlen - was ihn auf Grund der Neuregelung 130 Mark kostet. Deswegen befürchten viele Betriebe, dass sie für kurzfristige und geringfügige Tätigkeiten kaum noch Mitarbeiter finden. Erste Meldungen aus den Verbänden der Dienstleistungsbranchen deuten dem DIW zufolge an, dass die Beschäftigung im Bereich der geringfügigen Erwerbstätigkeit tatsächlich zurückgehen könnte.

Aber diese Schlussfolgerung ist, so konstatieren die Wissenschaftler, verfrüht. Als Alternative dazu, die Tätigkeit einzuschränken oder ganz aufzugeben, bleibe der Schritt, die Tätigkeit auszubauen. Auf diese Weise könne man sein Einkommensniveau halten. Das lohne sich für jene Hälfte der Nebenerwerbstätigen, die mindestens zehn Prozent ihres verfügbaren Haushaltseinkommens im Nebenjob verdienten. "Wenn die Einkommen so deutlich zum Lebensunterhalt beisteuern, scheint die völlige Aufgabe dieser Tätigkeiten infolge der Einführung der Sozialversicherungspflicht fraglich", stellt das DIW fest. Außerdem gebe jemand, der einen Nebenjob ausübe, ihn nicht ohne weiteres auf: Schließlich zeige man damit, dass man entweder mit der Arbeitszeit oder den Arbeitsbedingungen unzufrieden sei. Tatsächlich sind der Untersuchung zufolge jene Erwerbstätigen, deren tatsächliche Arbeitszeit mit der gewünschten übereinstimmt, deutlich unterdurchschnittlich als Nebenerwerbstätige aktiv. Der Beschränkung der Arbeitszeit im Hauptberuf begegne man dann mit einer Nebentätigkeit.

Den Streit um die 630-Mark-Jobs fanden die DIW-Ökonomen wohl übertrieben. Sozialversicherungspflicht hin oder her - offenbar gibt es wichtigere Gründe, die für oder gegen Nebentätigkeiten sprechen. So dürfte ein Überstunden-Abbau zu einem Anstieg der Mini-Jobs führen. Denn damit würden viele mit ihrer Arbeitszeit unzufriedener. Dagegen dürfte eine zunehmende Flexibilisierung der Arbeitszeit die Nebenjobs zurückdrängen: Sie würde dem Einzelnen ermöglichen, in der für ihn angenehmen Zeit zu arbeiten - auch ohne Zweitjob.

jhw

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