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Wirtschaft: Das Ende der Bescheidenheit

FRANKFURT/MAIN (ro/uwe).Mit einer Forderung von 6,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt will die IG Metall in die kommende Tarifrunde ziehen.

FRANKFURT/MAIN (ro/uwe).Mit einer Forderung von 6,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt will die IG Metall in die kommende Tarifrunde ziehen.Das erklärte der Vorsitzende der Metallgewerkschaft, Klaus Zwickel, am Dienstag in Frankfurt.Damit löse die Gewerkschaft ihr Versprechen ein, das "Ende der Bescheidenheit" einzuläuten.Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall lehnt die Forderung ab: Sie gehe an den ökonomischen Realitäten vorbei.

Die Beschäftigten hätten großen Nachholbedarf, begründete Zwickel die Empfehlung an die regionalen Tarifkommissionen.Die niedrigen Lohnerhöhungen der vergangenen Jahre hätten den Unternehmern zwar explosionsartig wachsende Gewinne beschert, aber keine Arbeitsplätze gebracht.Deshalb müsse nun die Kaufkraft der Arbeitnehmer durch eine Einkommenssteigerung erhöht werden, was dann wiederum zu mehr Arbeitsplätzen führen werde.Die IG Metall geht für das kommende Jahr von einer Produktivitätssteigerung der Wirtschaft von 2,5 Prozent und einem Preisanstieg von 1,5 Prozent aus.Dazu komme eine "Umverteilungskomponente" von 2,5 Prozent, um vergangene Lohnzurückhaltung der Gewerkschaft auszugleichen, erklärte Zwickel.

Die Verhandlungen werden erstmals für West- und Ostdeutschland gemeinsam geführt, nachdem sich IG Metall und Arbeitgeber vor wenigen Wochen darauf verständigt hatten, daß für die 160 000 Beschäftigten der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie der Westabschluß mit einer Verspätung von einem Monat übernommen werden soll.Insgesamt beschäftigt die Branche in West- und Ostdeutschland 3,4 Millionen Arbeitnehmer.

Ostmetall-Geschäftsführer Andreas Winkler kritisierte die Gewerkschaftsvorstellungen gegenüber dem Tagesspiegel als "reine Westforderung" scharf: In den ostdeutschen Unternehmen können von einer Gewinnexplosion keine Rede sein.Wenn die Gewerkschaft darauf beharre, Tarifpolitik nur für die westdeutschen Unternehmen der Branche zu betreiben, "werden wir rechtzeitig dafür sorgen, daß unsere Unternehmen aus der Tarifbindung entlassen werden", kündigte Winkler an.Zwar sei dies nur der letzte Ausweg: Wenn die IG Metall aber der Industrie einen ruinösen Abschluß abverlange, sei für die Ostunternehmen das Kapitel Flächentarifvertrag beendet: "Wir verteidigen keinen imaginären Vertrag", erklärte Winkler.Schon im Spätherbst werde Ostmetall seine Mitglieder zusammentrommeln, um notfalls die Entlassung aus dem Tarifvertrag zu beraten.

Der Metalltarifrunde kommt auch für die anderen Branchen eine besondere Bedeutung zu, da die Metallindustrie nach zweijähriger Pause im kommenden Jahr wieder die Tarifführerschaft übernimmt.Schon vor einigen Wochen hat die Gewerkschaft Handel Banken und Versicherungen eine im Kern ähnliche Forderung vorgelegt.

Bei der Abstimmung im Vorstand habe es Gegenstimmen gegeben, die eine deutlich höhere Lohnforderung verlangt hätten, berichtete Zwickel.Zudem seien auf Wunsch des Tarifbezirks Baden-Württemberg Differenzierungen ermöglicht worden, die untere Lohngruppen begünstigen sollen.Der zukünftige Bezirksleiter der IG Metall für Baden-Württemberg, Berthold Huber, sagte der Stuttgarter Zeitung, daß bei den Metallern im Südwesten Forderungen von bis zu zehn Prozent diskutiert worden seien.

Zwickel stellte klar, daß die Tarifverhandlungen nicht mit einem Bündnis für Arbeit vermischt werden dürfen."Die Verantwortung lassen wir uns nicht aus der Hand nehmen." Bei der Einkommensforderung gebe es auch keinen "Bonus für die neue Regierung", fügte Zwickel mit Blick auf seinen Noch-Stellvertreter Walter Rieser hinzu, der Arbeitsminister werden soll.

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