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Hartes Durchgreifen. EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta will auch gegen die multinationalen Konzerne vorgehen, die in Europa kaum Steuern zahlen. Einen entsprechenden Gesetzesvorschlag kündigte er für Herbst an. Foto: dpa

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Wirtschaft: Das Ende der Schlupflöcher

Die EU-Staaten sollen künftig die wichtigsten Steuerdaten austauschen – das könnte Milliarden einbringen.

Brüssel - Die Steuerbehörden sollen künftig über alle wichtigen Kontobewegungen von Deutschen im europäischen Ausland Bescheid wissen. Das sieht ein Gesetzesvorschlag vor, den die EU-Kommission diese Woche vorstellt. Um die Steuerhinterziehung einzudämmen, wodurch den EU-Staaten Jahr für Jahr mehrere hundert Milliarden an Einnahmen entgehen, sollen die Fahnder in einem Mitgliedsland automatisch von allen steuerlich relevanten Aktivitäten ihrer Bürger in einem anderen Mitgliedstaat erfahren. „Wir wollen den Datenaustausch auf alle Arten von Einkommen ausdehnen“, sagte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Ab 1. Januar 2015, so der Plan, dem die Mitgliedstaaten noch zustimmen müssen, würden dem litauischen Kommissar zufolge nicht mehr nur Zinsen, sondern auch Dividenden, Kapitalerträge, Kontosalden und Einkünfte aus Versicherungsprodukten erfasst. „Und wenn Angaben über Honorare, Aufsichtsratsvergütungen oder Erträge aus Grundbesitz vorliegen, müssen auch diese den Behörden der Heimatländer gemeldet werden“, sagte Semeta weiter: „Sollte unser Vorschlag angenommen werden, hätte die EU den umfassendsten Informationsaustausch im Steuerbereich weltweit.“

Die Kommission greift damit einen Vorschlag auf, den Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit mehreren Amtskollegen im April gemacht hatte. „Es ist zu begrüßen, dass die Kommission die in Dublin durch Deutschland und 16 andere Mitgliedstaaten gestartete Initiative hin zu einem erweiterten und verbesserten Informationsaustausch so schnell aufgenommen hat“, teilte Schäubles Ministerium auf Anfrage mit: „Die Zeiten für Steuerhinterzieher werden überall schwerer.“

Hintergrund sind die jüngsten „Offshore Leaks“-Enthüllungen, vor allem aber der politische Druck der Amerikaner. Die neuen Regeln, Fatca genannt, zwingen Geldinstitute in anderen Staaten zur Herausgabe von Kontodaten, wenn sie weiter Geschäfte in den USA machen wollen. Das hat auch die politische Lage in der Schweiz und Liechtenstein verändert, mit denen Semeta nun „effiziente und zügige Verhandlungen“ über entsprechende Steuerabkommen erwartet.

Neue Steuergesetze in der Europäischen Union müssen einstimmig beschlossen werden – und bereits eine viel weniger weitreichende EU-Richtlinie wird von Luxemburg und Österreich blockiert. Semeta rechnet dennoch mit Zustimmung, da auch diese Länder bereits mit Washington in der Sache verhandeln: „Wer den Amerikanern umfassenden Einblick gewährt, kann das seinen EU-Partnern nicht verweigern“, sagt der Brüsseler Steuerfachmann.

Er kündigte zudem ein härteres Vorgehen gegen multinationale Konzerne wie Apple, Amazon oder Starbucks an, die in Europa kaum Steuern zahlen, wenn sie ihre Gewinne geschickt ausweisen. „In der Vergangenheit hat man sich so stark darum bemüht, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, dass wir eine Situation der doppelten Nicht-Besteuerung geschaffen haben, die wir nun beseitigen müssen“, forderte Semeta. Im Herbst will er ein entsprechendes Gesetz vorlegen.

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