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Wirtschaft: Das freiere Spiel der Kräfte

Studiengebühren fördern Wettbewerb – wenn das Geld in den Hochschulen bleibt Von Herbert Grüner

Studiengebühren sind heute nicht mehr „indiskutabel“, anders als bis in die frühen neunziger Jahre. Angesichts leerer Hochschulkassen gibt es keine kategorische Ablehnung der teilweisen Finanzierung des Studiums durch Beiträge der Studierenden mehr. Sehr unterschiedliche Vorstellungen existieren freilich über Art, Höhe und Zeiträume von studentischen Zahlungen.

Lediglich die Begründungen für die unterschiedlichen Modelle sind ähnlich: Wer zahlt, habe mehr Möglichkeiten auf das Angebot einzuwirken, und wer ein gutes Angebot unterbreitet, würde mehr (zahlende) Nachfrager erhalten. Unterstellt wird ein einfacher Wirkungsmechanismus: Entgelte vermindern die staatliche Ordnung zugunsten des freien Spiels der Kräfte von Angebot und Nachfrage, und es werden mehr Quantitäten und Qualitäten geschaffen.

Folgt man als Hochschule dieser Logik, gilt es, Abiturienten oder Weiterbildungsinteressierte zu gewinnen, die willens und in der Lage sind, Studiengebühren zu bezahlen – möglichst hohe. Dabei werden die anderen Hochschulen als Wettbewerber gesehen, die es vom Markt zu verdrängen gilt. Dass so etwas funktioniert, zeigen Beispiele privat betriebener Hochschulen, insbesondere ausländische Spezialhochschulen. Aber geht dies auch bei einer deutschen, staatlichen Landeshochschule, die noch immer den Charakter einer Behörde trägt und staatlichen Einflüssen unterworfen ist? Wohl eher nicht!

Zu sehr dominiert noch immer Planung, wo das freie Spiel der Kräfte nötig wäre, Starrheit, wo Flexibilität benötigt würde. Noch existieren staatliche Eingriffe bei der Steuerung der Nachfrage nach Studienplätzen ebenso wie bei der Gestaltung von Angeboten.

So gilt beispielsweise das Vorhandensein von mehreren, stark nachgefragten Studiengängen in einer Region nicht etwa als exzellente Voraussetzung für einen Wettbewerb um das beste Angebot an die Studierenden, sondern als unerwünschte Doppelung. Es wird schnell deutlich, dass die Forderung nach Studiengebühren als Weg zu mehr Wettbewerb ohne gleichzeitige Veränderung von Rahmenbedingungen zu kurz greift.

Wer diese massiven Veränderungen im Bildungs- und Hochschulsystem allerdings nicht will, sollte auch nicht ständig Markt- und Wettbewerbsparolen ausgeben, wenn er doch nur an das Geld der Studierenden möchte.

Unstrittig ist, dass die Finanzierungsfrage des Studiums in Deutschland neu diskutiert werden muss. Dies kann jedoch nur im Kontext der Modernisierung des deutschen Hochschulwesens geschehen. Von Studierenden mehr Geld zu verlangen, um dem Staat die Legitimation zu verschaffen, sich teilweise aus der Finanzierung zurückzuziehen und dies als Schritt in die richtige – marktwirtschaftliche – Richtung zu bezeichnen, wäre zynisch. Das Modell der deutschen Hochschule als erwerbswirtschaftliches Unternehmen auf dem freien Bildungsmarkt sollte jedoch ebenso wenig ein Ziel sein: Dies ist weder realistisch noch uneingeschränkt wünschenswert.

Eine Lösung kann zwischen staatlicher Detailsteuerung und Vollfinanzierung einerseits und reinem Marktdenken und Kundenfinanzierung andererseits liegen. Es ist vertretbar, studentische Beiträge zur Hochschulfinanzierung einzufordern. Eine Voraussetzung dafür ist aber, dass diese Gelder zu einer mess- und beeinflussfähigen Verbesserung von Studienangeboten und -bedingungen bei den studentischen Zahlern führen.

Nur unter dieser Voraussetzung können Angebot und Nachfrage Wirkungen entfalten. Die wesentliche Grundfinanzierung sollte jedoch weiterhin der Staat leisten, und zwar auf der Grundlage von zwischen Hochschule und Land klar vereinbarten Leistungszielen, deren Erreichung den Hochschulen selbst überlassen bleiben muss.

Der Autor ist Präsident der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (FHTW).

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