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Wirtschaft: Das Geheimnis der Versicherer wird gelüftet

Die Firmen müssen jetzt ihre stillen Reserven offenlegen / Doch es ist nicht alles Gold, was glänztVON JÖRG KNOSPE BERLIN.Versteckte Milliardenpfründe, die Versicherungsnehmern und Aktionären vorenthalten werden, vermuten Kritiker in den Bilanzen von Allianz, Victoria, Zürich & Co.

Die Firmen müssen jetzt ihre stillen Reserven offenlegen / Doch es ist nicht alles Gold, was glänztVON JÖRG KNOSPE BERLIN.Versteckte Milliardenpfründe, die Versicherungsnehmern und Aktionären vorenthalten werden, vermuten Kritiker in den Bilanzen von Allianz, Victoria, Zürich & Co.Es geht um die Frage: Welche Werte stehen außer den offen ausgewiesenen und Lebensversicherungskunden zugeteilten Überschüssen noch zur Disposition? Stille Reserven sind nichts weiter als der Unterschied zwischen dem aktuellem Zeitwert einer Kapitalanlage und ihrem Buchwert.Erstmals müssen Versicherungsunternehmen für das Geschäftsjahr 1997 im Anhang zu ihrem Jahresabschluß stille Reserven für mobile Kapitalanlagen (Wertpapiere, Beteiligungen, Inhaberschuldverschreibungen) offenlegen, also nicht in der Bilanz selbst.Für Immobilien gilt diese Pflicht zwei Jahre später, also erstmals für das Geschäftsjahr 1999. "Schuld" an dem für die Versicherungswirtschaft vermuteten Milliardensegen an stillen Reserven ist das europäische Bilanzrecht einerseits und der Unterschied zwischen deutschem Handels- und Steuerrecht andererseits.Ein Wirtschaftsgut muß in der Regel zum Anschaffungspreis, verringert um die Abschreibungen, in der Bilanz erscheinen.Der Wert eines Grundstücks beispielsweise übertrifft im Laufe der Jahre den Anschaffungspreis deutlich.Würde man die Immobilie verkaufen, bekäme man mehr als die Bilanz ausweist.Was für Grundstücke gilt, ist auch auf Wertpapiere und alle anderen Wirtschaftsgüter übertragbar. Die Lebensversicherungsunternehmen nutzen die stillen Reserven als ein Polster, um ihren Kunden eine Mindestverzinsung von 4 Prozent auf das Deckungskapital garantieren und sie an den Überschüssen beteiligen zu können.Ihre Kapitalanlagen belaufen sich auf über 800 Mrd.DM.Wieviel davon stille Reserven sind, darüber wird kräftig spekuliert.Man muß allerdings auch sehen, daß die verborgenen Reserven nur dann ausgeschüttet werden können, wenn man die Anlagen versilbert. Nach dem neuen Bilanzrecht kann die Offenlegung der stillen Reserven in einem Stück erfolgen, also als Sammelposten.Darunter leidet sicher die Transparenz.Doch auch ohne dieses Manko kann man leicht danebengreifen.So sind die beim Posten Inhaberschuldverschreibungen anfallenden stillen Reserven unecht, weil nur vorübergehender Natur: Die Rückzahlung zum Nennwert erfolgt einige Jahre später.Als eine Goldmine könnten sich indes die Immobilien erweisen, wenn sie abgeschrieben in den Bilanzen stehen.Allerdings liegt ihr Anteil an dem Bilanzwert der gesamten Branche bei nicht einmal 5 Prozent.Außerdem lassen Aktien und Fondsanteile Reservepolster vermuten.Doch auch ihr Anteil am Anlagekuchen ist mit 15 Prozent niedriger als vielfach vermutet.

JÖRG KNOSPE

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