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Wirtschaft: Das Geld in Deutschland ist wieder teurer geworden

FRANKFURT (MAIN) (ro). Das Geld in Deutschland ist wieder teurer geworden, die Zinsen sind gestiegen.

FRANKFURT (MAIN) (ro). Das Geld in Deutschland ist wieder teurer geworden, die Zinsen sind gestiegen. Besonders sichtbar wird das bei den Hypotheken. Fast alle Banken haben in der vergangenen Woche die Konditionen für Baugeld angehoben, zum Teil sehr deutlich. Die Allgemeine Hypothekenbank in Frankfurt etwa verteuerte die Zinssätze für Zehn-Jahres-Hypotheken am Montag um fast einen halben Prozentpunkt auf 5,43 Prozent. Der Zinstrend zeigt nach oben, von einer Zinswende spricht aber niemand. "Es gibt keine weitere dramatische Erhöhung", sagt Petra Köhler, Volkswirtin bei der Dresdner Bank. Die HypoVereinsbank hat bereits in der vergangenen Woche den Zinssatz für Zehn-Jahres-Baugeld auf effektiv 5,48 Prozent erhöht, die Rheinische Hypothekenbank (Rheinhyp) auf 5,27 Prozent. Fest steht, daß die Sätze so tief wie am Jahresanfang auf absehbare Zeit nicht mehr rutschen werden. Im Januar lagen die Bauzinsen für zehn Jahre bei etlichen Banken noch unter fünf Prozent. Damit waren Hypotheken um rund 40 Prozent billiger als noch 1995. Mußte ein Bauherr Anfang 1995 für einen 250 000 DM-Kredit bei zehn Jahren Laufzeit und einem Prozent Anfangstilgung monatlich 2000 DM aufbringen, so waren es Anfang dieses Jahres nur noch rund 1200 DM. Diese Zeiten scheinen vorbei. Die Umlaufrendite als Gradmesser für die Verzinsung öffentlicher Anleihen ist in der vergangenen Woche deutlich gestiegen - von 3,77 auf 3,96 Prozent; Ende Januar hatte sie noch bei 3,46 Prozent gelegen.

Für den deutlichen Anstieg gibt es mehrere Gründe: In den USA läuft die Konjunktur nach wie auf vollen Touren. Damit steigt aber auch die Furcht vor höherer Inflation und höheren Zinsen. Ende Juni wird die amerikanische Notenbank Fed erneut über die Lage beraten. Viele Beobachter rechnen damit, daß sie die Zinsen erhöhen wird, um einer Überhitzung der US-Konjunktur vorzubeugen. Dies strahlt längst schon auf die Finanzmärkte aus - die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen in den USA sind seit Anfang April um 0,6 Prozentpunkte auf etwa 5,70 Prozent geklettert. Dies läßt auch die Finanzmärkte in Europa nicht unberührt. Petra Köhler verweist außerdem auf die wieder höheren Rohstoffpreise. "Die starke Entlastung des vergangenen Jahres ist vorbei."

Über den Einfluß des schwachen Euro auf die Zinsentwicklung sind sich die Beobachter nicht ganz einig. Gisela Brandhoff von der Rheinhyp befürchtet einen Inflationsimport, weil Einfuhren durch den billigen Euro teurer werden. Dies sei keine entscheidende Größe, glaubt dagegen Volkswirtin Köhler. Für leicht steigende Zinsen spricht nach Ansicht von Peter Cornelius von der Deutsche Bank Research auch die in Euroland allmählich wieder anziehende Konjunktur.

Für die Experten steht aber fest, daß die Europäische Zentralbank (EZB) in den nächsten Wochen und Monaten die Leitzinsen nicht verändern wird. Bei der Deutschen Bank Research erwartet man 1999 keine weiteren Zinsschritte der EZB. Angesichts der immer noch verhaltenen Preissteigerungsrate und des moderaten Wachstums der Geldmenge "dürfte eine Zinserhöhung der EZB noch in weiter Ferne liegen. Zugleich erscheint aber auch die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinssenkung angesichts der anziehenden Gesamtinflation, der anhaltenden Euro-Schwäche und der ersten Anzeichen einer konjunkturellen Belebung eher gering". Mit einer Zinserhöhung rechnen die Volkswirte der Deutschen Bank frühestens gegen Ende des zweiten Quartals 2000.

Trotzdem erwarten die Experten bis zum Jahresende moderat steigende Zinsen. Die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen werde von derzeit etwa 4,1 Prozent auf rund 4,5 Prozent steigen, heißt es bei der Deutschen Bank. "Aber die Gefahr eines dramatischen Zinsanstiegs besteht nicht", glaubt Dresdner Bank-Volkswirtin Köhler. Und nach Ansicht von Rheinhyp-Sprecherin Brandhoff neigen die Akteure auf den Finanzmärkten derzeit zur Übertreibung. Sie warnt ausdrücklich vor übertriebenem Pessimismus.

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