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Wirtschaft: Das Geschäft mit der Sonne

Die Nachfrage nach Solaranlagen geht in Deutschland erstmals zurück. Der Grund sind die hohen Preise

Berlin - Das Wachstum der deutschen Solarbranche erhält einen deutlichen Dämpfer. Erstmals werden in diesem Jahr weniger Solarstromanlagen installiert als im Vorjahr. Während 2005 rund 850 Megawatt (MW) ans Netz gingen, werden für dieses Jahr nur noch 600 MW erwartet. Das geht aus Hochrechnungen der Fachzeitschrift „Photon“ hervor, die dem Tagesspiegel vorliegen. Der Grund für die Entwicklung: Solarmodule kosten mittlerweile so viel, dass sie sich für Privatleute nicht mehr rechnen. „Die hohen Preise hemmen das Wachstum“, sagt Anne Kreutzmann von „Photon“.

Bisher waren Solaranlagen für Hausbesitzer ein gutes Geschäft. Denn das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) sichert ihnen eine feste Vergütung zu – und das für 20 Jahre. Derzeit gibt es für jede Kilowattstunde Solarstrom, die ins Netz eingespeist wird, rund 50 Cent. Diese Vergütung sinkt zwar für Neuanlagen von Jahr zu Jahr um fünf Prozent. Das allein wäre aber noch kein Problem; schließlich versprechen die Solarunternehmen, ihre Module dank des technischen Fortschritts entsprechend günstiger anzubieten.

Tatsächlich ist jedoch genau das Gegenteil der Fall: Solaranlagen werden immer teurer. Kosteten Solarzellen im Jahr 2003 durchschnittlich noch 3,14 Euro pro Watt, sind es mittlerweile 3,95 Euro – ein sattes Plus von 26 Prozent, wie das US-amerikanische Beratungsunternehmen Navigant Consulting errechnet hat. Ein ganzes Kilowatt inklusive Montage kostet „Photon“ zufolge 5872 Euro; vor einem Jahr waren es noch sieben Prozent weniger.

„Eine positive Rendite kann man da nicht mehr machen“, sagt ein Brancheninsider. Vor allem wenn man Versicherung und Wartung mit einrechne, gebe es keinen vernünftigen Grund, sich eine Solaranlage aufs Dach zu setzen. „Die Schere geht auseinander: Die EEG-Vergütung fällt, aber die Anlagenpreise steigen.“

Die ersten, die das erkannt haben, sind die Landwirte. Sie zählten in den vergangenen Jahren zu den treuesten Kunden der Solarunternehmen – Schätzungen zufolge befinden sich rund die Hälfte aller in Deutschland installierten Anlagen auf Ställen und Scheunen. In letzter Zeit allerdings hat die Liebe der Bauern zur Sonne nachgelassen. Denn anders als Privatleute sind sie es gewohnt, auf Heller und Pfennig nachzurechnen. Das Ergebnis: Die Betriebe installieren immer weniger Solaranlagen. Allein bei der landwirtschaftlichen Rentenbank ging die Summe der im ersten Halbjahr 2006 vergebenen Kredite für Solaranlagen um zwei Drittel zurück.

Offiziell hat die Solarbranche für die hohen Modulpreise eine einfache Erklärung: Weil der Rohstoff Silizium knapp und damit teuer sei, müsse sich das auch auf den Preis einer Solaranlage niederschlagen. Stichhaltig ist dieses Argument allerdings nicht. So haben die Experten von „Photon“ errechnet, dass die Kosten für Silizium höchstens acht Prozent des Endkundenpreises ausmachen. Darüber hinaus braucht man heute wegen der höheren Effizienz weit weniger Silizium als früher. Wurden 2003 noch 14 Gramm pro Watt benötigt, sind es mittlerweile nur noch zehn Gramm, erklärt die European Photovoltaic Industry Association. Unabhängige Fachleute sehen deshalb einen anderen Grund für die hohen Preise: die Gewinnsucht der Solarunternehmen. „Die Firmen wollen für sich alles rausholen, was geht“, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter aus der Branche. Ziel sei es, von der EEG-Vergütung so viel wie möglich abzuschöpfen; für den Anlagenbesitzer bleibe da nur wenig übrig.

Die Zahlen der Unternehmen untermauern diese Theorie. Solarworld zum Beispiel hob seine Jahresprognose erst vor Kurzem deutlich an: Statt eines Gewinnwachstums von 20 Prozent erwartet das Unternehmen nun ein Plus von 40 Prozent auf mehr als 70 Millionen Euro. Ähnlich ist es bei Q-Cells. Der Zellenhersteller rechnet mit einem Jahresüberschuss von 75 Millionen Euro – ein Plus gegenüber dem Vorjahr von 90 Prozent. Erst im Juli hatte Q-Cells seine Preise um knapp zehn Prozent angehoben.

Expertin Kreutzmann spricht deshalb von „exorbitanten Umsatzrenditen“. Branchenweit lägen sie – über die gesamte Wertschöpfungskette gerechnet – bei 36 Prozent. „Die Unternehmen verdienen sich dumm und dämlich“, sagt der ehemalige Solar-Mitarbeiter.

Möglicherweise haben es die Firmen nun jedoch übertrieben. Denn wegen der sinkenden Nachfrage füllen sich die Lager. Fachleute gehen deshalb davon aus, dass die Preise wieder sinken – wenn auch langsam. Den diesjährigen Absatz der Branche wird das aber wohl nicht mehr nach oben treiben. „Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass der deutsche Markt zurückgeht“, sagt Kreutzmann.

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