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Wirtschaft: Das grün-blaue Band der Antipathie (Leitartikel)

Die Freude war von kurzer Dauer. Nur vier Wochen nach der Ankündigung lässt der Vorstand der Dresdner Bank die Fusion mit der Deutschen Bank platzen.

Die Freude war von kurzer Dauer. Nur vier Wochen nach der Ankündigung lässt der Vorstand der Dresdner Bank die Fusion mit der Deutschen Bank platzen. Einstimmig haben sich die Bankiers entschieden, lieber allein der Globalisierung zu trotzen, als sich unter die Fuchtel von Rolf Breuer zu begeben. Der Vorstandschef der Deutschen Bank hatte mit der Verschmelzung der Konkurrenz unter dem Dach seines Unternehmens den eigenen Finanzkonzern endlich zu dem größten Bankhaus der Welt machen wollen. Auf dem Weg dahin, wird ihn niemand aufhalten, doch eine gescheiterte Fusion kratzt erst einmal ganz schön am Image - dem der Bank und dem der Qualitäten des Vorstands. Denn immerhin haben sich die Vorstandsherren der Dresdner Bank von der Deutschen getrennt, weil sie die strategischen Entscheidungen Breuers nicht mittragen wollten.

Die Investmentbank "Kleinwort Benson", die jetzt geopfert werden sollte, war die einzige innovative Sparte der Dresdner Bank. Die Londoner Tochter steht für den einzigen gelungenen Versuch der Dresdner Bank, in das Bankengeschäft der Zukunft - das Sammeln, Anlegen und Verwalten von Kapital auf den weltweiten Märkten - zu gelangen. Mit der "Kleinwort Benson" wäre somit ein großer Teil der Identität der Dresdner Bank als eigenständig denkende und handelnde Einheit in dem fusionierten Konzern verschwunden. Dem Bewusstsein der Kleinsparer und Kleinanleger wäre die Dresdner Bank nach der Fusion nach und nach ebenfalls entrückt. Die nämlich wollte Bankier Breuer in die Supermarkt-Bank 24 abschieben, wo sie das lukrative Geschäft mit Anlagen ab einer halben Million Mark nicht stören. Die Fusion war also von Anfang an nicht als Pakt unter Gleichen angelegt.

Manager sind eben auch Menschen. Sie haben ihre eigenen Vorstellungen, Eitelkeiten und Grenzen. Vor allem haben sie Positionen, die sie nicht aufgeben möchten. Denn die Vorstandsposten in dem geplanten Bankenkonzern hätten zwar für die Bankiers der Deutschen, nicht aber auch für jene der Dresdner Bank ausgereicht. Zudem beförderte Breuer noch in der vergangenen Woche einen seiner Manager in den Vorstand, so dass die spärliche Anzahl der Sitze für die Dresdner Bankiers noch weiter abnahm.

Die Vorstände der Dresdner, die glücklicherweise schon vor und nicht erst nach dem Vollzug der Fusion agiert haben, gaben dabei aber nicht nur ihren Befindlichkeiten nach. Nein, offensichtlich hat sich auch Sachverstand in der Führungsriege durchgesetzt. Denn in der Fusionswelle der vergangenen Jahre hat sich eines klar herausgestellt: Nicht die bejubelte Ankündigung einer Fusion, die nach oben schnellenden Börsenkurse und die Szenarien der Unternehmensberater entscheiden über das Gelingen einer Fusion, sondern allein die Mitarbeiter. In den ersten zwei Jahren nach der Verschmelzung sind die Manager damit beschäftigt, eine neue Hackordnung herzustellen, ihre Position zu verteidigen und die Kollegen argwöhnisch zu beobachten. Sie arbeiten ebenso wenig einvernehmlich zusammen wie die Doppelspitzen in den Vorstandsetagen. Und da sie schon nicht mit gutem Beispiel vorangehen, arbeiten auch die Mitarbeiter auf den unteren Ebenen nicht konstruktiv an einer gemeinsamen Zukunft ihres Hauses.

Warum sollten sie auch? Keine Fusion kommt ohne Stellenabbau aus. Jeder Mitarbeiter muss sich nach einer Fusion fragen, ob sein Job die Zusammenlegung überlebt. Bei der geplanten Deutschen Bank mit dem grünen Schriftzug als einzige Erinnerung an die Dresdner Bank wäre das nicht anders gewesen. 16 000 Menschen sollten durch die Fusion ihre Stelle verlieren. Die Jobs der Bankangestellten sind mit der zerplatzten Illusion von der größten Bank jedoch nicht sicherer. Ihre Häuser werden eine andere Strategie entwickeln, um in der fortgeschrittenen Globalisierung bestehen zu können. Innerhalb Deutschlands wird es dabei eng werden, einen neuen Partner zu finden. Denn in der Europäischen Union, mit einem gemeinsamen Binnenmarkt und dem Euro liegt die Zukunft der Banken nicht innerhalb der Landesgrenzen. Die nächste Bankenhochzeit wird deshalb europaweit gefeiert werden.

Ulrike Fokken

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