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Wirtschaft: „Das ist eine Lebenslüge der SPD“

Grünen-Chef über den Kohlemythos im Revier

Herr Bütikofer, warum brauchen wir nach 900-jähriger Nutzung nun keine Steinkohle mehr?

Für eine Weile brauchen wir noch Steinkohle, doch dauerhaft können wir uns die Subventionierung deutscher Steinkohle nicht länger leisten. Deshalb bin ich für den Ausstieg bis 2015, dann sollte die letzte Zeche schließen.

Es wird immerhin auch mit 33 000 Arbeitsplätzen argumentiert, die es derzeit noch im Bergbau gibt. Wenn man bereits 2015 die Förderung einstellte, würde es zu betriebsbedingten Kündigungen kommen müssen.

Nein. Nach Berechnungen der nordrhein-westfälischen Grünen ist ein Ausstieg 2015 ohne solche Kündigungen möglich. Wenn das Ausstiegsdatum 2018 sein wird, werden wir dagegen auch keine Massendemonstrationen organisieren. Aber es muss jetzt ein definitives Ende gegen.

Warum hat unsere Kohle trotz weltweit steigender Energiepreise und der Abhängigkeit von Öl und Gas keine Perspektive?

Eine Tonne zu fördern, kostet bei uns bis zu 190 Euro, in anderen Ländern ist das für fünf Euro möglich. Es macht also ökonomisch keinen Sinn, die heimische Kohle zu nutzen.

Aber die Kohle ist der einzige Energieträger, den wir haben. Können wir darauf verzichten?

Statt Subventionen in ein Fass ohne Boden zu geben, sollten wir den Ausbau der erneuerbaren Energien stärker forcieren. Nordrhein-Westfalen soll ja eine Zukunft haben als Energieland – aber auf der Grundlage von ökologischer Innovation.

Die SPD ist ja auch für erneuerbare Energien. Warum beharrt sie trotzdem auf einem Sockelbergbau?

Der Sockelbergbau ist Augenwischerei, das versteht außer der SPD niemand. Damit würden allenfalls 1,5 Prozent unseres Primärenergieverbrauchs gedeckt. Die Voraussetzungen hierzulande sind einfach nicht wettbewerbsfähig. Wenn bei uns die Flöze ein oder anderthalb Meter dick sind, dann sind sie andernorts bis zu dreißig Meter stark.

Warum verstehen das die Sozialdemokraten nicht?

Es handelt sich um eine alte Lebenslüge der SPD. Die Bedeutung der Kohle für das Ruhrgebiet ist aber nicht annähernd so groß wie die Bedeutung des Kohlemythos für die Ruhr-SPD. Die SPD sollte Peer Steinbrück mal erlauben, sich als Finanzminister zu äußern: Er würde das Gleiche sagen wie ich.

Das Interview führte Alfons Frese.

Reinhard Bütikofer

ist seit fünf Jahren

Vorsitzender von

Bündnis 90/Die

Grünen.

Seit 2004 führt der 54-Jährige die Öko-Partei gemeinsam mit Claudia Roth.

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