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Wirtschaft: Das jährliche Schaulaufen der Kleinaktionäre

Hilmar Kopper und Jürgen Schrempp stehen wieder vor einem bunten Tag im Berliner ICC. Rund 10 000 Aktionäre werden heute auf der Daimler-Chrysler-Hauptversammlung erwartet, und Aufsichtsratschef und Versammlungsleiter Kopper muss eine ganze Latte von Anträgen abarbeiten.

Hilmar Kopper und Jürgen Schrempp stehen wieder vor einem bunten Tag im Berliner ICC. Rund 10 000 Aktionäre werden heute auf der Daimler-Chrysler-Hauptversammlung erwartet, und Aufsichtsratschef und Versammlungsleiter Kopper muss eine ganze Latte von Anträgen abarbeiten. Der Aktionär Michael Mench aus München zum Beispiel möchte Aufsichtsrat und Vorstand nicht entlasten. Menchs Begründung: "Daimler-Chrysler sponsert im großen Stil eine der brutalsten und korruptesten Rodeo-Vereinigungen in den USA." Der Unmut des Tierschützers wird die Daimler-Chefs kalt lassen. Anders als etwa der Antrag der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre: "Daimler-Chrysler ist heute weniger wert, als Daimler-Benz allein wert war. Und es wird weiter Geld vernichtet." Der Aktionär Leonard Knoll greift Schrempp persönlich an: "Der Vorstandsvorsitzende hat sich ohne jeden Zweifel als Dauerversager erwiesen, der seinen Vorgänger Edzard Reuter mittlerweile als größten Kapitalvernichter der Republik abgelöst hat."

Das stimmt zwar, ficht den unbeirrbaren Schrempp jedoch nicht an. Er beharrt auf seiner globalen Strategie mit den drei Autosparten Mercedes-Benz/Smart, Chrysler und Nutzfahrzeuge sowie der Beteiligung an Mitsubishi. Durch "gemeinsame Projekte" sollen sich "neue Potenziale zur breiteren Nutzung innovativer Technologien und zur Kostensenkung erschließen". Und im Übrigen habe der Vorstand 2001 "umfangreiche Turnaround-Programme eingeleitet, um die Ertragskraft des Unternehmens nachhaltig zu stärken". Gemeint sind die Sanierungsanstrengungen bei Chrysler, Mitsubishi, und der US-Lkw-Tochter Freightliner. Auf diesen drei Feldern verliert der Konzern Milliarden, die vor allem Mercedes verdienen muss. Im vergangenen Jahr lag der operative Daimler-Chrysler Gewinn nur noch bei 1,3 Milliarden Euro, die Dividende kürzte der Aufsichtsrat um 60 Prozent auf einen Euro. Statt "Hochzeit im Himmel", wie Schrempp einst die Fusion von Daimler-Benz und Chrysler lobte, spricht das Magazin "Capital" inzwischen von "Hölle auf Erden". Angst vor der Hauptversammlung muss Schrempp dennoch nicht haben: 73 Prozent der rund eine Milliarde Daimler-Chrysler-Aktien liegen bei institutionellen Investoren wie der Deutschen Bank (zwölf Prozent) oder Kuwait (sieben Prozent). Und die "Großen" stimmen in der Regel für die Anträge des Vorstands.

Für die Kleinen bleibt die Hauptversammlung als Bühne zum Aufmucken. Die "Kritischen Aktionäre" (KADC) forderten am Dienstag in Berlin die übrigen Anteilseigner auf, aus ethisch-moralischen Gründen gegen eine Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat zu stimmen. Nach Meinung von KADC-Verkehrsexperte Alexander Dauensteiner hat Daimler-Chrysler die Technologieführerschaft bei Diesel-Pkw verloren. "Daimler sollte ähnlich wie Peugeot endlich einen Rußpartikelfilter anbieten." Die Rußpartikel der Mercedes-Fahrzeuge gefährde die Gesundheit der Menschen. Die Beteiligung am Luftfahrtkonzern EADS ist nach Ansicht der kritischen Aktionäre schleunigst abzustoßen. "Daimler-Chrysler ist über die EADS in die Atomwaffenproduktion eingebunden." Wie in jedem Jahr fordern die Kritiker auch 2002 den Vorstand auf, sich aus der Landminenproduktion zurückzuziehen. "Mit der Produktion von Anti-Personen-Minen unterläuft Daimler-Chrysler das Ottawa-Abkommen." Reaktion des Vorstands: "Unsere Position zu diesem Thema bleibt unverändert."

alf, phs

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