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Wirtschaft: Das Jahr der großen Ankündigungen

In Deutschland ist erst ein UMTS-Anbieter am Markt: Doch 2004 sollen die Netze in Europa endlich in Gang kommen

Berlin . „Es hat geflutscht“, sagt Carl Schneider. Und das hat ihn gewundert. Denn eigentlich ist der Experte des Mobilfunkberaters Xonio.com sehr zurückhaltend an den UMTS-Test herangegangen. „Nachdem, was zuvor alles Negatives über UMTS berichtet wurde, waren wir positiv überrascht, wie gut es funktioniert hat.“ Schneider gehört zu einer kleinen Minderheit. Nur ein paar Tausend Menschen in Deutschland haben bisher die neuen Mobilfunknetze der dritten Generation (UMTS) in Aktion erleben können. Zwar laufen die Netze schon im Testbetrieb, doch mit einem richtigen Angebot am Markt ist erst ein Unternehmen.

Und es ist ein Start in kleinen Schritten. Denn seit dem 16. März vermarktet Vodafone in Deutschland zwar PC-Karten, mit denen man extra-schnell mobil surfen kann, doch UMTS-Handys sind immer noch Fehlanzeige. „Wir rechnen damit, dass es im Frühjahr ein bis zwei Handymodelle geben wird, die für den Massenmarkt geeignet sind“, sagt ein Sprecher von Vodafone. Doch die Geräte müssten dann erst ausgiebig getestet werden. Je nachdem, wie die Tests ausfallen, könne man dann sehr schnell mit ihnen am Markt sein. Termine nennt der Vodafone-Sprecher aber nicht.

Eine Frage von Wochen

Auch die anderen deutschen Mobilfunkanbieter trauen sich keine Terminvoraussagen mehr zu: „In wenigen Wochen“ will sich T-Mobile zu den ersten UMTS-Angeboten äußern. Die Computermesse Cebit, die am 18. März beginnt, gilt als die Veranstaltung, auf der alle Betreiber ihre künftigen UMTS- Fahrpläne darlegen werden. Dann präsentieren auch die großen Handyhersteller ihre neuen Modelle. Denn bisher haben die Mobilfunkbetreiber vor allem das Fehlen von Mobiltelefonen in der gewünschten Qualität als einen Hauptgrund für die Verzögerungen beim Netzstart genannt. Die mutigsten Anbieter hatten vor Jahren den UMTS-Start bereits für Ende des Jahres 2002 ins Auge gefasst.

Ein weiterer Grund dafür, dass der Starttermin immer wieder verschoben wurde, waren technische Probleme in den Netzen. So sind zum Beispiel Verbindungen immer wieder abgebrochen, wenn sich ein Nutzer von einer Funkzelle in eine andere bewegte. „Es hat erstaunlich wenig Abbrüche gegeben“, berichtet nun Carl Schneider von seinen Tests, die er bereits vor dem Marktstart im Vodafone-Netz mit der schnellen Datenkarte durchgeführt hat. „Die Karte hat uns überzeugt“, sagt er. „Wir haben knapp die dreifache ISDN-Geschwindigkeit erreicht.“ Wenig überzeugt zeigte sich Schneider allerdings von den Tarifen, die Vodafone für die neuen, schnellen Datenverbindungen anbietet. Denn sollte es doch einmal vorkommen, dass eine Verbindung abbricht, dann fielen dennoch die Kosten für gar nicht genutzte Datenmengen oder Zeittakte an. „Das ist sehr kundenunfreundlich“, sagt Schneider.

Wieviele zahlende Kunden – das Angebot richtet sich vor allem an Geschäftskunden – Vodafone schon gewinnen konnte, darüber verrät das Unternehmen noch nichts. Nur so viel: „Es läuft sehr gut. Wir haben eine rege Nachfrage“, sagt ein Sprecher.

In anderen europäischen Ländern laufen die Netze bereits im kommerziellen Betrieb, zum Beispiel in England, Italien und auch in Österreich. Doch einen Ansturm auf die neue Technik hat es nirgendwo gegeben. Und überall war der Start von mehr oder weniger großen Pannen begleitet. Das wollten die deutschen Netzbetreiber auf jeden Fall vermeiden. Sie fürchteten, dass bei einem pannenreichen Start die ohnehin in Verruf geratene Technik überhaupt keine Chance bei den Kunden mehr hätte.

Auf einer Mobilfunkmesse in Cannes hat der Mobilfunkbetreiber Orange angekündigt, Ende Juni seine UMTS-Netze in Frankreich und Großbritannien starten zu wollen. Das war erst der Anfang. „Wir gehen davon aus, dass unserer Branche in Bezug auf Neuankündigungen eines der ereignisreichsten Jahre überhaupt bevorsteht“, sagte Nokia- Chef Jorma Ollila.

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