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Wirtschaft: Das Kloster als Unternehmen: "Benedikt wusste, dass der Mensch zum Workaholic wird"

Pater Johannes, Benediktiner in der Abtei St. Bonifaz in München und Andechs, hat nach dem Studium der katholischen Theologie in München ein Praktikum beim Autokonzern BMW absolviert.

Pater Johannes, Benediktiner in der Abtei St. Bonifaz in München und Andechs, hat nach dem Studium der katholischen Theologie in München ein Praktikum beim Autokonzern BMW absolviert. Danach trat er ins Kloster ein. Über seine Erfahrungen bei BMW und im Kloster hat Pater Johannes, der mit bürgerlichem Namen Johannes Claudius Eckert heißt, ein Buch geschrieben: "Dienen statt Herrschen. Unternehmenskultur und Ordensspiritualität: Begegnungen. Herausforderungen. Anregungen"

Pater Johannes, die Regel des heiligen Benedikt dient den Benediktinerklöster als Grundlage für ihre Unternehmensführung. Wie erfolgreich kann man mit dieser Regel wirtschaften?

Benediktinerklöster gibt es seit über 1500 Jahren. Das ist doch ein Beweis für unseren Erfolg: Welches Unternehmen kann schon auf so eine Geschichte zurückschauen? Und gerade jetzt, zu einer Zeit in der die Wirtschaft den Menschen als wertvollste Ressource entdeckt, kann eine Regel, in der es darum geht, dass menschliches Zusammenwirken glückt, sehr hilfreich sein.

Sie haben sowohl bei BMW als auch im Kloster gearbeitet. Haben sie Gemeinsamkeiten zwischen dem modernen Großkonzern und dem Benediktiner-Kloster Andechs entdeckt?

Ja, gerade im Führungsstil. Führung wird in vielen Unternehmen als Dienst am Unternehmen, am Mitarbeiter und am Kunden verstanden. Das finden wir genauso im Kloster wieder. Hier ist Führung dann der Dienst, den der Abt an den Mönchen und am Kloster leistet.

Wo liegen denn die Unterschiede?

In der Wirtschaft muss man sich alle zwei bis drei Jahre beruflich verändern. Wir wählen unseren Abt auf Lebenszeit. Außerdem ist das Benediktinerkloster auch mit seiner Ortsbeständigkeit ein Garant für Stabilität im Wandel. Das heißt nicht, dass wir uns nicht verändern würden. Von dieser Beständigkeit könnten die Unternehmen lernen, sie ist eine Ur-Sehnsucht des Menschen. Es muss in jeder sozialen Institution beständige Größe geben, die einen kontinuierlichen Wandel ermöglichen. Warum soll eine Führungskraft, die ihre Position gut ausübt, nach kurzer Zeit wieder gehen?

Bekommt der Abt ein Feedback zu seinem Führungsstil?

Bei BMW gibt es Gespräche mit Mitarbeitern, in denen die Führungskräfte beurteilt werden. Solche direkten Instrumente haben wir im Kloster nicht. Bei uns findet dafür alle drei Jahre eine Visitation statt. Ein Abt und ein Mönch aus einem anderen Kloster besuchen uns dann und führen mit jedem Mönch ein Gespräch. So bekommt der Abt ein Feedback. Eigentlich ist die Visitation so aufgebaut wie eine flächendeckende Mitarbeiterbefragung in einem Unternehmen.

Wie soll denn, nach der Regel des Benedikts, der Umgang mit dem Personal sein?

Der Cellerar, also der Mitbruder, der für die Angestellten zuständig ist, hat eine klassische Mittlerposition - zwischen Abt und Gemeinschaft und zwischen Gemeinschaft und Mitarbeitern. Benedikt schreibt in seiner Regel, der Cellerar trage Sorge für alle. Er soll ein Mann der Mitte sein, also keine Extreme lieben. Auch im Umgang mit den Menschen, die ihm anvertraut sind. Wenn zum Beispiel ein Mitbruder unvernünftig etwas fordert, soll der Cellerar ihn nicht mit Verachtung kränken, sondern ihm die unangemessene Bitte vernünftig und mit Demut abschlagen. Es geht also um ein gutes Klima.

Können Betriebe in diesem Punkt von den Klöstern lernen?

Ja, wenn ein Unternehmen auf Unternehmens-Ethik setzt, ein gutes Betriebsklima haben möchte und davon ausgeht, dass ein zufriedener Mitarbeiter bereit ist, sich besser einzubringen. Dann kann es aus der Regel Benedikts sehr viel lernen. Wenn Unternehmensethik jedoch nur für den Vorstand gilt, empfehle ich dann eher, sich mit Machiavelli zu beschäftigen.

Welche Rollen spielt die Mitbestimmung im Kloster?

Benedikt schreibt in der Regel: "Tue alles mit Rat. Dann brauchst du nach der Tat nichts zu bereuen." Monatlich kommt deshalb die ganze Gemeinschaft zusammen und bespricht alle wichtigen Dinge. Diese Mitbestimmung der Mitarbeiter gibt es auch in modernen Unternehmen schon sehr viel.

Und was kann sich ein Kloster von einem modernen Unternehmen abgucken?

Manche Instrumente, die wir nutzen, um unser Zusammenleben zu ordnen, schleifen sich durch die Routine ab. Da können wir viel vom modernen Management lernen, wie man dann solche Instrument erneuert und wieder effizienter einsetzt.

Gibt es einen Dialog zwischen der Wirtschaft und den Klöstern?

Ja. Die Wirtschaft sucht den Kontakt zu uns immer mehr. Für sie ist es von besonderem Interesse, wie wir den Ausgleich zwischen Aktion und Kontemplation schaffen. So wird der Austausch immer größer: Wir veranstalten gemeinsame Seminare und bieten Einkehrtage für Manager an.

Ora et labora - bete und arbeite - ist der Leitspruch der Benediktiner. Was können Unternehmen davon übernehmen?

Bei ora et labora kommt es auf das "et" an. Beten klappt ganz gut und das Arbeiten auch. Das Problem ist, wie man beides kombiniert. Benedikt wusste, dass der Mensch leicht zum Workoholic wird, deshalb setzte er Grenzen. So geht der Gottesdienst immer vor - Nihil praeponere operi dei. Auch da kann die Wirtschaft lernen: Führungsaufgabe muss es auch sein, dem Arbeiten Grenzen zu setzen.

Das heißt, dass die Grenzen, die das Beten dem Arbeiten setzt, sinnvoll sind?

Sie sind sehr sinnvoll. Was könnten 20 Leute von sechs bis acht Uhr morgens schon alles arbeiten? Wir jedoch leisten uns den Luxus des Betens. Aber es ist ein Luxus, der auch wieder Antrieb für die Arbeit gibt.

Pater Johannes[die Regel des heiligen Benedikt di]

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