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Wirtschaft: Das Mineralwasser der Berliner

Jürgen Peschel hat viel mit einem Eiskrem-Manager gemeinsam: Ein verregneter Sommer, und alle Wachstumsprognosen sind dahin.Bislang glaubt Peschel noch, daß er seine Umsatzprognosen einhalten kann.

Jürgen Peschel hat viel mit einem Eiskrem-Manager gemeinsam: Ein verregneter Sommer, und alle Wachstumsprognosen sind dahin.Bislang glaubt Peschel noch, daß er seine Umsatzprognosen einhalten kann.Dazu braucht der Chef der Spreequell Mineralbrunnen GmbH dringend warmes Wetter.Nicht nur ein paar Tage, nein, der Sprudelmanager wünscht sich zwei, drei richtig heiße Wochen.Dann so weiß er, trinken die Menschen die dreifache Menge dessen, was sie sonst aufnehmen würden.Davon profitieren vor allem die Sprudel-Hersteller."Die Leute lassen die Heißgetränke stehen und greifen zum Mineralwasser", ist Peschel überzeugt.

Im vergangenen Jahr kam die Boomphase für Spreequell im August.Insofern hat Peschel auch für 1998 noch Hoffnung, schließlich ist der Sommer nicht ganz vorbei.Ohne eine Hitzeperiode wird es für Spreequell freilich wesentlich schwieriger, die Wachstumsraten von 1997 zu wiederholen.Damals kletterten Umsatz (35 Mill.DM) und Absatz um rund elf Prozent.Das Ergebnis des operativen Geschäfts sei positiv gewesen, so Peschel, ohne exakte Zahlen zu nennen.Die gute Geschäftslage beim einzigen Berliner Mineralwasser-Hersteller hat sich auch auf die Mitarbeiterzahlen ausgewirkt: Inzwischen arbeiten 107 (1997: 99) Leute für das Ost-Berliner Unternehmen.

Im Frühjahr und in den Sommermonaten läuft die Abfüllanlage auf Hochtouren und die Beschäftigten arbeiten in drei Schichten auf dem Betriebsgelände an der Indira-Gandhi-Straße in Weißensee.Das Wasser, darauf legt Peschel wert, kommt dagegen von ganz weit her.In den Barnimer Höhen versickert das Wasser und wird auf dem langen Weg in die Hauptstadt mit Mineralien angereichert.In Berlin wird das klare Naß schließlich gefördert.

Für Ost-Berliner ist Spreequell seit Jahr und Tag ein Markenname.Im Westteil der Stadt, gibt der gebürtige Freiburger Peschel zu, läßt sich die Bekanntheit noch steigern.Zu Mauerzeiten, meint er, hätten die Menschen im Westen eben einfach all die eingeführten Mineralwasser getrunken.Und diese Gewohnheiten ließen sich nicht so einfach ändern.Deshalb verfolgt Spreequell eine "konsequente Markenpolitik".Überall in der Stadt sind junge, dynamische Sprudeltrinker auf Plakaten zu sehen und seit einem Jahr rollt ein blauer Spreequell-U-Bahnwagen durch die Tunnel.Darüber hinaus arbeitet das Unternehmen mit den Berliner Bäderbetrieben zusammen: Alle Bademeister tragen das Spreequell-Logo auf ihren T-Shirts und auf den Bädern wehen Spreequell-Fahnen.

Spreequell beschränkt sich freilich nicht auf die Hauptstadt.Künftig sollen auch die Brandenburger verstärkt zu dem Berliner Wasser greifen.Darüber hinaus gibt es den Sprudel in Mecklenburg-Vorpommern, in Sachsen-Anhalt und Teilen von Sachsen.Weiter wird Spreequell nicht transportiert, denn der Wettbewerb beim Mineralwasser ist hart und vor allem im Westen gibt es zahllose regionale Brunnen.Allein in Baden-Württemberg gibt es nach Angaben der Informationszentrale Deutsches Mineralwasser 44 Mineralbrunnen.Darüber hinaus verhindern hohe Transport- und Logistikkosten eine bundesweite Verbreitung.Die Deutschen trinken seit vier Jahren ungefähr die gleiche Menge: Rund 90 Liter im Jahr.Davor gab es jedoch große Sprünge: 1970 floßen nur 12,5 Liter pro Person, 1980 waren es schon 39,6 und 1980 schließlich 82,7 Liter.

Spreequell setzt allerdings nicht nur auf den reinen Sprudel.Schon seit DDR-Tagen haben die Weißenseer eine ganze Reihe von Bittergetränken im Angebot und sind damit führend in Berlin und Brandenburg.Darüber hinaus füllt die Firma die alte DDR-Marke Vita Cola ab - mit kräftig steigenden Absatzzahlen.Damit noch nicht genug der Ostalgie: Für das kommende Jahr plant Peschel "Astoria" wiederzubeleben, eine weitbekannte Orangenlimonade aus der DDR.Astoria, erzählt Peschel, sei schon vor der Wende eingestellt worden, weil Kuba den Preis für den Orangen-Grundstoff drastisch erhöht habe.Wegen des guten Namens soll Astoria auch in Zukunft nicht ganz billig sein.Wegen des hohen Orangensaft-Anteils will Peschel die Limo "relativ hochpreisig" positionieren.

Damit paßt Astoria gut zum Hauptprodukt Spreequell-Mineralwasser.Bis zu einer Mill.Flaschen werden davon täglich abgefüllt und im Handel zu einem Kasten-Preis von 6,99 bis 8,99 DM angeboten.Gegenüber anderen Wassern, die für 2 DM in den Supermärkten zu haben sind, nicht ganz billig.Doch Spreequell soll das Wasser der Berliner werden - und das hat eben seinen Preis.

JOACHIM HOFER

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