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Wirtschaft: „Das nächste Jahr wird zur Nagelprobe“

Herr Schneider, wann schlägt das starke Wirtschaftswachstum endlich auch richtig auf den Arbeitsmarkt durch? Es hat ja schon durchgeschlagen.

Herr Schneider, wann schlägt das starke Wirtschaftswachstum endlich auch richtig auf den Arbeitsmarkt durch?

Es hat ja schon durchgeschlagen. Wir beobachten ein Beschäftigungswachstum. Die Zahl der Erwerbstätigen ist ebenso gestiegen wie die der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

In welchen Branchen entstehen die Arbeitsplätze?

Im Moment scheinen die exportorientierten Branchen wie Maschinenbau oder Autozulieferer am ehesten bereit zu sein, wieder Leute einzustellen. Aber auch die Binnennachfrage zieht wieder an. Das ist auch notwendig. Ohne Binnennachfrage geht es nicht.

Ist die Wende am Arbeitsmarkt also nachhaltig?

Das ist momentan sehr schwer zu sagen. Das nächste Jahr wird auf jeden Fall zur Nagelprobe für die Konjunktur und den Arbeitsmarkt. Dann kommen viele Erschwernisse hinzu: die Mehrwertsteuererhöhung, steigende Lohnnebenkosten. Wenn die Konjunktur das übersteht, dann ist der Aufschwung nachhaltig.

Ist die geplante Mehrwertsteuererhöhung jetzt nicht besser zu verkraften?

Dazu müsste die Konjunktur schon sehr stark sein. Ich würde der Regierung raten, die Mehrwertsteuer jetzt nicht zu erhöhen. Man sollte das um ein Jahr verschieben.

Was hat sich in Deutschland verändert?

Es gibt positive Signale, dass der Standort Deutschland nicht so schlecht ist wie er manchmal gemacht wird. Durch die Lohnzurückhaltung der vergangenen Jahre ist Deutschland international wettbewerbsfähiger geworden – sogar gegenüber den osteuropäischen Staaten. Dort sind die Lohnkosten zwar immer noch niedriger. Aber irgendwann kommt man an einen Punkt, wo das Lohnkosten-Gefälle nicht mehr entscheidend ist. Da geben dann Dinge wie die hervorragende deutsche Infrastruktur und die gut ausgebildeten Arbeitnehmer den Ausschlag.

Noch gibt es rund 4,4 Millionen Arbeitslose in Deutschland. Wird die Zahl bis Ende des Jahres deutlich sinken?

Die Arbeitslosenzahlen haben sich zuletzt sehr atypisch entwickelt. Das Saisonmuster, dass die Zahlen im Juli und August steigen, ist in diesem Jahr durchbrochen worden. Das habe ich seit 15 Jahren nicht erlebt. Angesichts dieser Entwicklung könnten wir im Dezember an die Vier-Millionen-Grenze kommen.

Das Interview führte Stefan Kaiser

Hilmar Schneider

ist Direktor für Arbeitsmarktpolitik am Institut für die Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn. Neben der Forschungsarbeit berät das IZA die Politik in aktuellen Arbeitsmarktfragen.

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