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Sieht sich und sein Ministerium als Sachwalter der Verbraucher im Zeitalter der Digitalisierung: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD).

© imago/Christian Thiel

Datenschutz: Mein Auto, mein Spion

Bis zu 70 Sensoren und Schnittstellen haben Autos schon heute, faktisch sind sie rollende Computer. Was das für den Datenschutz heißt, diskutierten Justizministerium und Bitkom am Dienstag in Berlin.

Von Anna Sauerbrey

Berlin - Sicher ist eigentlich nur: Sicherer ist es nicht geworden. Am Dienstag haben Politik und Verbände zum achten Mal den „Safer Internet Day“ begangen, und wieder gab es Besorgniserregendes zu vermelden. Der Internetverband Eco etwa bemerkt eine steigende Zahl von Beschwerden über illegale Inhalte im Netz. Eine Umfrage der EU-Kommission zeigt: 85 Prozent der Europäer fürchten sich vor Internetkriminalität. Dass diese Angst durchaus begründet ist, bestätigen jährlich die Berichte des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik. Allein: Die Nutzer tun trotz ihrer Angst wenig, um sich zu schützen. Nur ein Viertel bequemt sich laut der genannten Umfrage, regelmäßig das eigene Passwort zu ändern.

Das vernetzte Auto ist schon Realität - aber die Mehrheit der Fahrer weiß das nicht

Das ist umso bedeutender, als sich das Internet bekanntlich ausdehnt. Längst ist es nicht mehr auf Handys und Computer beschränkt, sondern drängt als „Internet der Dinge“ immer stärker in den Alltag. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz setzte deshalb in diesem Jahr mit einer Konferenz in Berlin den Schwerpunkt auf das vernetzte Auto.

„Wahrscheinlich sind bei meiner Fahrt von Berlin-Mitte hierher zum Tagungsort mehr Daten verarbeitet worden als bei der Mondlandung“, witzelte Justizminister Heiko Maas (SPD) zum Auftakt. Das ist durchaus möglich. Bis zu 70 Sensoren und Schnittstellen hat ein Auto heute bereits. Was ein Spitzenklasse-Wagen schon alles erfasst, zeigte auf der Konferenz Ralf Lamberti, bei Daimler verantwortlich für das „Vernetzte Auto“. Eine voll ausgestattete S-Klasse kommt mit Außenkameras, Kameras, die den Fahrer erfassen, Ultraschallsensoren und einem Nahbereichradar daher. Die Daten füttern die diversen Sicherheits- und Assistenzsysteme wie den Abstandsregler oder den Müdigkeitsdetektor.

Allerdings ist jede Schnittstelle auch ein Sicherheitsrisiko. Erst vor einer Woche hackte der ADAC das fernsteuerbare Türschloss im „Connected Drive“-System von BMW.

Die Autos sammeln die Daten nicht nur - sie teilen sie auch

Aus Sicht von Verbraucherschützern ist das vernetzte Auto aber auch deshalb bedenklich, weil die Daten schon heute mit Dritten geteilt werden. Daimler etwa arbeitet mit dem GPS-Gerätehersteller TomTom zusammen. Die Mercedes-Wagen senden anonyme Verkehrsdaten an eine zentrale Datenbank, die Staus vorhersagen soll, vernetzte Autos kommunizieren mit Werkstätten. Mehrere deutsche Versicherungen, darunter die Sparkassen-Direktversicherung S-Direkt und die Signal-Iduna-Tochter Sijox, bieten bereits heute „Pay as you drive“-Modelle an, bei der die Fahrer ihren Fahrstil automatisch auswerten lassen und angepasste Tarife zahlen. Ab 2018 wird außerdem in der gesamten EU ein verpflichtendes eCall-System eingeführt, das im Falle eines Unfalls den Standort des Wagen an eine Notrufzentrale meldet. In Zukunft wird sich wohl auch die Frage stellen, welche dieser Daten den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung stehen sollen. Wird das Auto erst selbstfahrend, dürfte die Datenflut noch wachsen.

Heiko Maas setzt auf die Europäische Datenschutzverordnung

Das Recht so zu gestalten, das es bei der fortschreitenden technischen Entwicklung mithalten kann und gleichzeitig Innovationen nicht verhindert, sei „gar nicht so einfach“, gab Justizminister Heiko Maas zu. Sein Ministerium setze vor allem auf die europäische Datenschutzverordnung. Die Datensouveränität der Bürger müsse auch als Autofahrer erhalten bleiben.

Mit all den anderen Rechtsfragen, die mit dem vernetzten Auto auf die Deutschen zukommen, etwa Fragen der Haftung oder die Frage, ob Strafverfolgungsbehörden Zugriff haben sollen, beginnt sich sein Ministerium aber offenbar gerade erst zu beschäftigen. Die Konferenz solle den Mitarbeitern dazu dienen, einen Überblick zu gewinnen, eine eigene Arbeitsgruppe gebe es noch nicht, sagte ein Ministerialbeamter.

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