Datenskandal: Bahn durchleuchtet 170.000 Beschäftigte
Bei der Deutschen Bahn zeichnet sich ein Datenskandal von ungeheurem Ausmaß ab: Mehr als 170.000 seiner Mitarbeiter hat der staatseigene Konzern überprüft - ohne einen Verdacht, ohne deren Wissen und mit fragwürdigem Ergebnis.
Die Deutsche Bahn hat in den Jahren 2002 und 2003 rund 173.000 Mitarbeiter mit einem Datenabgleich überprüft. Das sagte der Antikorruptionsbeauftragte des Konzerns, Wolfgang Schaupensteiner, nach Angaben von Teilnehmern am Mittwoch im Verkehrsausschuss des Bundestages. Die Daten seien mit jenen von 80.000 Firmen abgeglichen worden, zu denen die Bahn Geschäftsbeziehungen hatte.
Bislang war lediglich bekannt, dass die Bahn rund 1000 leitende Mitarbeiter ohne Verdachtsmomente bei verdeckten Kontrollen auf Korruption überprüft hatte. Der Konzern hat rund 240.000 Mitarbeiter. Bei den 173.000 Überprüfungen seien 300 Auffälligkeiten entdeckt worden, hieß es aus dem Verkehrsausschuss. In etwa 100 Fällen hätten sich tatsächlich Hinweise auf Korruption ergeben.
"Mitarbeiter unter Generalverdacht"
Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix sagte den Angaben zufolge, die Überprüfungen seien ohne konkreten Tatverdacht erfolgt und hätten damit den Charakter einer "Rasterfahndung" gehabt. Wegen Verstößen gegen Datenschutzbestimmungen in mindestens zwei Fällen müsse die Bahn mit Geldbußen von 250.000 Euro rechnen.
Die Grünen im Bundestag sprachen von einem Massendatenabgleich. "Mit diese heimlichen Ausspähung in großem Stile stellt die Bahn AG alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unter Generalverdacht und verstößt massiv gegen deren schutzwürdige Interessen", stellten die Abgeordneten Winfried Hermann und Anton Hofreiter fest. Die Grenze der Korruptionsbekämpfung sei deutlich überschritten worden.
Befragung wird im Februar ausgeweitet
Weiter hieß es, die Fraktionen hätten übereinstimmend beschlossen, die Befragung am 11. Februar fortzusetzen und auszuweiten und dazu nunmehr auch die Leiter der Konzernrevision und der Konzernsicherheit einzuladen. Noch am Mittwoch solle der Deutschen Bahn ein gemeinsamer Fragenkatalog der Fraktionen übergeben werden, der bis zum 11. Februar beantwortet werden solle.
In der vergangenen Woche hatte die Bahn einen "Stern"-Bericht bestätigt, wonach Beschäftigte systematisch seit 1998 einer Rasterfahndung unterzogen wurden. Beim Projekt "Babylon" glich die Detektei Network Deutschland im Auftrag der Bahn Namen und Adressen von Lieferanten mit denen von Bahnbeschäftigten ab. Dies geschah ohne konkreten Verdacht, nach Angaben der Bahn im Rahmen der Korruptionsbekämpfung. (sf/dpa/ddp)
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