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Datenskandal: Die große Versuchung

In den Fokus des Datenskandals geraten externe Banken-Dienstleister und deren schlecht bezahlte Mitarbeiter.

Berlin - Der Skandal um die Weitergabe streng vertraulicher Daten und Buchungen von Kreditkarten weitet sich aus. Zwar gelangten bisher nur die Daten von Kunden der Berliner Landesbank in Umlauf. Doch an der Firma Atos Worldline, aus deren Umfeld die vertraulichen Daten nach bisherigen Erkenntnissen stammen sollen, ist neben dem Berliner Institut auch die Landesbank Baden-Württemberg sowie eine bayerische Tochter der Sparkassen-Finanzgruppe beteiligt. Experten gehen deshalb davon aus, dass Mitarbeiter von Atos Worldline auch Zugang zu vertraulichen Kundendaten dieser Banken haben.

Das Unternehmen mit Sitz in Frankfurt am Main meldete im vergangenen Jahr einen Umsatz von knapp 60 Millionen Euro. Es handelt sich um eine sogenannte Service-Gesellschaft. Zu deren Tätigkeiten zählt laut der Auskunftei Creditreform die „EDV-Unterstützung bei der Ausstellung und Abwicklung der Karten sowie alle damit im Zusammenhang stehenden Verwaltungsaufgaben“. Einfach ausgedrückt: Kauft ein Kunde mit seiner Karte ein, dann leiten die Service-Mitarbeiter alle Informationen über das Geschäft an die Bank weiter – was gekauft wurde, an welchem Tag, zu welchem Preis, an welchem Ort. Hinzu kommen die Informationen über das Konto des Kunden.

Diese Daten werden auf Mikrofiches abgelegt, weil auch die Buchungsbelege mit Unterschriften gesammelt werden. Im Falle einer Reklamation kann dem Kunden dann der Einkauf anhand des Originalbelegs und seiner Unterschrift nachgewiesen werden. Auch sei die Halbwertszeit von Mikrofiches höher als die von Festplatten.

Experten aus der Branche gehen davon aus, dass in dem aktuellen Fall ein Datendieb am Werke gewesen sein könnte. Die Mikrofiches könnten entweder im Original entwendet worden sein oder auch in Kopie. Die Service-Gesellschaften verfügten über alle nötigen Geräte zu deren Vervielfältigung. Es sei unrealistisch anzunehmen, dass sich Arbeitgeber so abschotten könnten, dass ein Datendiebstahl völlig ausgeschlossen sei.

Andererseits sei die Versuchung der Mitarbeiter von Service-Gesellschaften groß, auf diesem kriminellen Wege ihr Auskommen aufzubessern, sagen Insider. Die Arbeiten seien wegen der geringen Anforderungen schlecht bezahlt. „Auch hat es sich herumgesprochen, dass man an dem Verkauf von Kontodaten gut verdienen kann“, so ein Insider.

Fast alle Banken bedienten sich für die Abrechnungen von Kreditkartenumsätzen externer Dienstleister, weil deren Mitarbeiter nicht nach den höheren, bei Kreditinstituten üblichen Tarifverträgen bezahlt werden müssten.

An der Firma Atos Worldline ist neben den Landesbanken auch eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Paris beteiligt: die Atos Origin. Auf deren Website gibt die Firma die „globalen Bezahlungsdienste“ als Geschäftsfeld an. Die Atos Origin beschäftigt nach eigenen Angaben 50 000 Mitarbeiter in 40 Ländern und nennt sich „Partner der Olympischen Spiele“ im Bereich der Informationstechnologie.

Der Aktienkurs von Atos lag am Freitag bei gut 17,40 Euro. Das Jahreshoch vor Beginn der Finanzkrise betrug über 40 Euro. Ralf Schönball

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