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Unentschlossen. Seit dem Allzeithoch im Mai bei 8531 Punkten steigt und fällt der Deutsche Aktienindex ohne klare Richtung.

© dpa

Dax: 9000 Punkte in Sicht

Analysten trauen deutschen Aktien 2013 unter dem Strich weitere Kursgewinne zu. Im Herbst könnte es an der Börse allerdings zu Turbulenzen kommen..

22 Prozent in einem knappen Jahr, 130 Prozent in den vergangenen viereinhalb Jahren: Wer auf den Deutschen Aktienindex gesetzt hat, kann sehr zufrieden sein. Doch seit dem Allzeithoch im Mai bei 8531 Punkten zappelt der Dax unschlüssig hin und her. Ist das Sommerloch schuld? Oder ist die Höhenluft inzwischen so dünn, dass ein Abstieg nötig ist?

CHANCEN AUF KURSGEWINNE

Thomas Grüner ist sich sicher: „Das freundliche Börsenwetter wird anhalten.“ Der Analyst bei der Landesbank Berlin erwartet zwar im Herbst ein paar Stürme, die an den Aktienmärkten für heftige Kursschwankungen sorgen könnten. Doch unter dem Strich glaubt er weiter an steigende Kurse. In drei Monaten, so Grüners Prognose, könne der Dax bei 8900 und in einem Jahr bei etwa 9200 Punkten stehen, der europäische Index Euro-Stoxx 50 bei 3100 und der Dow Jones bei 16 300 Zählern. Damit läge vor Dax-Anlegern ein Jahr, in dem sie – vor Steuern und Kosten – etwa zehn Prozent Gewinn einfahren könnten. Die Landesbank Berlin steht in ihrer positiven Einschätzung nicht alleine da: Im Schnitt liegen die Prognosen der Banken für den Dax-Stand in zwölf Monaten bei etwa 8800 bis 9000 Punkten.

Die Stimmung bei den Privatanlegern ist hingegen eher negativ: Nach neuesten Zahlen des Fondsverbands BVI haben private Anleger im ersten Halbjahr 2013 massiv Aktienfonds verkauft, während institutionelle Anleger, vor allem Versicherungen und Altersvorsorgeeinrichtungen, massiv zukauften. Unter dem Strich schlugen private Investoren Aktienfonds im Gegenwert von 2,1 Milliarden Euro los, kauften dagegen Rentenfonds im Wert von 7,4 Milliarden Euro. Private wie professionelle Anleger erwarteten seit Wochen eine kräftige Sommer-Korrektur, stellt Finanzmarktanalyst Gianni Hirschmüller von Cognitrend fest. Denn der von Cognitrend erhobene Dax-Stimmungsindex („Dax-Sentiment“) registrierte zuletzt eine starke Zunahme der „Bären“, also jener Anleger, die auf fallende Kurse setzen.

WARNUNG DER PESSIMISTEN

Sowohl Pessimisten wie Optimisten sehen Argumente auf ihrer Seite. Negativ ins Gewicht fällt vor allem die Sorge, die US-Notenbank könne bereits im September damit beginnen, die Käufe von Staatsanleihen zu reduzieren. Damit könnte den Börsen ihr Schmieröl – das billige Geld – entzogen werden, befürchten Pessimisten. Gleichzeitig stehen im September, der statistisch nicht zu den Lieblingsmonaten der Börsianer gehört, in den USA neue Verhandlungen zu Budgetkürzungen an. Auch die Schuldenobergrenze muss wieder verhandelt (und erhöht) werden. Als negatives Zeichen gelten zudem enttäuschende Quartalszahlen einzelner Dax-Werte. So sind die operativen Ergebnisse aller 30 Dax-Konzerne im zweiten Quartal um vier Prozent gefallen, wie die Unternehmensberatung Ernst & Young nachgerechnet hat. Dies lässt sich jedoch auch positiv formulieren: 60 Prozent der Quartalsergebnisse hätten die Erwartungen übertroffen, findet die Deka-Bank.

Positiv wird umgekehrt die Entwicklung der Eurozone gewertet: Nach neuesten Zahlen ist die Wirtschaft in den 17 Euroländern nach sechs negativen Quartalen erstmals wieder leicht gewachsen. Der Euro-Stoxx 50 hinkt im Vergleich mit dem Dax dennoch weit hinterher: Während der deutsche Leitindex nahe an seinem Allzeithoch notiert, müsste sich Europas Leitindex nahezu verdoppeln, um sein altes, inzwischen fast 13 Jahre altes Hoch bei 5464 Punkten zu erklimmen. Die Wertentwicklung des Euroland-Index liegt auch in den vergangenen Monaten leicht unter jener des Dax, allerdings werden im Euro-Stoxx, anders als im Dax, Dividenden nicht mitgerechnet.

Die Hessische Landesbank rechnet in der zweiten Jahreshälfte auch in Spanien und Italien, wo die Wirtschaftsleistung immer noch leicht sinkt, mit positiven Zahlen. Insgesamt jedoch gehört die Helaba zu den Skeptikern: Die positiven Konjunkturerwartungen sieht Analyst Christian Apelt bereits in den Kursen „abgefeiert“. Negative Nachrichten könnten den Dax leicht auf 8000 drücken. Selbst mittelfristig sieht die Helaba keine großen Sprünge: Für das erste Quartal 2014 prognostiziert die Bank einen Dax-Stand von 8200 Punkten – also ein kleines Minus.

AN SCHWACHEN TAGEN EINSTEIGEN

Analyst Grüner erkennt dagegen selbst in einer geldpolitischen Kehrtwende der Fed keine großen Gefahren für die Aktienmärkte: „Die Börsen sind darauf vorbereitet, die Fed wird die Schleusen nur langsam und marktschonend schließen und auch nur dann, wenn die Konjunktur es zulässt.“ Allerdings könne der Übergang von einer liquiditätsgetriebenen zu einer konjunkturell unterstützten Börse holprige Tage bringen. Diese sieht Grüner jedoch als Einstiegschance. Denn die Bewertungen der Dax-Aktien seien mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von zehn (auf Basis der Gewinnerwartungen für 2014) sehr moderat. Gleichzeitig fehlten Alternativen, denn Zinspapiere rentierten weiter schlecht: Bei einer Inflationsrate von 1,9 Prozent werfen zehnjährige Bundesanleihen aktuell 1,8 Prozent pro Jahr ab, so dass (nach Kosten) Verluste entstehen. Dass der Dax in luftiger Höhe notiere, solle niemanden beunruhigen, meint der Analyst. Im Prinzip liege der Dax – in den die Dividenden eingerechnet werden – rechnerisch auf gleichem Niveau wie 2000 und 2007, bei heute allerdings höheren Gewinnen der Unternehmen.

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