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Wirtschaft: Dax streift 3000-Punkte-Marke

Bankstrategen rufen das Ende der Baisse aus – und warnen vor überzogenen Gewinnerwartungen

Frankfurt (Main) (rez/scc/HB). Der Kriegsnebel hat sich gelichtet, die Optimisten scheinen an den Aktienmärkten wieder die Oberhand gewonnen zu haben. Seit der ersten Märzhälfte hat der Dax um mehr als 30 Prozent zugelegt und am Mittwoch kurzzeitig die 3000Punkte-Marke überschritten. Er schloss knapp darunter bei 2974 Punkten. „Die Baisse ist vorbei“, urteilt Peter Oppenheimer von Goldman Sachs. Mit neuen Tiefständen rechnen Aktienexperten vorerst nicht mehr. Im Gegenteil: Für die kommenden Wochen bleiben viele Strategen optimistisch.

Als deutlich unterbewertet bezeichnet Oppenheimer die Aktienmärkte in Euroland. „Sie notieren derzeit gut zehn Prozent unter ihrem fairen Wert“, so der oberste Portfolio-Stratege von Goldman Sachs. Diese Unterbewertung könne bereits zur Jahresmitte wett gemacht sein. Am britischen Aktienmarkt sei derzeit eine Unterbewertung von fünf Prozent zu beobachten, während in den USA die Märkte wieder fair bewertet seien.

Ein Dax-Niveau von 3200 Punkten kann sich Volker Borghoff, Chefstratege von HSBC Trinkaus, bis Mitte des Jahres vorstellen. Auch Klaus Martini, Global Chief Investment Officer bei der Deutschen Bank, rechnet damit, dass sich die Erholung noch etwas fortsetzt. „2003 wird kein schlechtes Aktienjahr“, sagt er. Die Strategen von Schroder Salomon Smith Barney erwarten an den europäischen Aktienmärkten eine Kurssteigerung von 25 Prozent innerhalb der nächsten zwölf Monate. „Gerade in den Bewertungen in Euroland sind bereits eine Menge schlechter Nachrichten eingepreist“, heißt es von dort. Beispielsweise sei das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis auf einem Niveau wie zu Beginn der neunziger Jahre.

Für Rolf Elgeti von Commerzbank Securities hingegen hat der Dax nach der jüngsten Rallye kaum noch Luft nach oben. Mittelfristig erwarten die meisten Strategen eine Seitwärtsbewegung. Martini kann sich sogar vorstellen, dass die Kurse vorerst wieder nachgeben. Für eine anhaltende Erholung an den Aktienmärkten müsste sich das fundamentale Bild der Wirtschaft stark verbessern, meint Elgeti. Die nun anstehende Berichtssaison dürfte Anlegern einige negative Überraschungen bescheren.

Zum einen könnte der relativ starke Euro Verkäufe von Firmen ins Ausland gehemmt haben. Zum anderen hält Elgeti viele der jüngsten Gewinnprognosen für zu optimistisch. Denn Firmen dürften ihr Umsatzwachstum nur noch wenig erhöhen können, auch zur Ausweitung von Margen gebe es geringen Spielraum. HSBC-Mann Borghoff rechnet zwar im zweiten Quartal noch mit guten Unternehmenszahlen. Aber mittelfristig erwartet auch er eine Seitwärtsbewegung im Dax, da sich die Stagnation der Wirtschaft zumindest bis ins kommende Jahr fortsetze.

Auch auf eine weitere mögliche Stütze könne der Dax aktuell nicht bauen, ergänzt Elgeti: frisches Geld. Zwar sind die Manager von Investmentfonds offenbar optimistisch gestimmt. So haben professionelle Investoren ihre Aktienquote nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters im April von knapp 49 auf fast 60 Prozent erhöht. Doch sie hätten nur geringen Spielraum für neue Investments, so lange Anleger wenig in Aktienfonds investierten und sich professionelle Kunden wie Versicherungen zurückhielten, meint Elgeti. Die Versicherer dürften seiner Ansicht auch ihre Direktanlagen in Aktien derzeit nicht ausbauen, da sie ihre Risikoportefeuilles nach den Erfahrungen in der Baisse wohl kaum vergrößern dürften.

Langfristig ist nach Ansicht von Oppenheimer nur mit einer moderaten Bewertung zu rechnen. Gründe dafür sind die großen Unterschiede zu den großen Bärenmärkten der Vergangenheit. „Wir haben keinen Preisschock, keine Bankenkrise und keine Rezession“, sagt der Portfolio-Stratege. Privaten Anlegern raten Aktienstrategen vor diesem Hintergrund, ihren Aktienanteil im Depot vorerst neutral zu halten.

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