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Wirtschaft: Dem Aufschwung geht die Luft aus

Weniger Produktion und Export / DIW: Nur noch 0,3 Prozent Wachstum im dritten Quartal / Kaum neue Jobs in den USA

Berlin - Die Konjunktur in Deutschland hat im Sommer an Schwung verloren. Zwischen Anfang Juli und Ende September habe die Wirtschaftsleistung gegenüber dem zweiten Quartal nur noch um 0,3 Prozent zugenommen, erklärte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Freitag in Berlin. Neue Daten zu Industrieproduktion und Export zeugen ebenfalls von einer Abkühlung. Auch in den USA ist die Lage labil – im September wurden weitaus weniger neue Stellen geschaffen als erwartet. Die Börsen reagierten mit Abschlägen, der deutsche Aktienindex Dax verlor bis zum Abend 0,7 Prozent auf 4015 Punkte.

„Für das dritte Quartal deuten die vorliegenden Indikatoren auf eine leicht verlangsamte Gangart“, teilten die DIW-Forscher mit. Noch im September hatte das Institut eine um 0,5 Prozent stärkere Wirtschaftsleistung wie schon im zweiten Quartal prognostiziert. Schuld sei die geringere Nachfrage aus dem Ausland. „Aus dem Außenbeitrag ergab sich kein Impuls mehr“, hieß es. Die Verbraucher hätten sich beim Konsum weiter zurückgehalten, und bei den Investitionen sei nur ein leichter Zuwachs zu verzeichnen.

Ein Beleg dafür sind Zahlen vom Statistischen Bundesamt über den Export der deutschen Wirtschaft. Im August exportierten die deutschen Unternehmen nur noch Waren im Wert von 56,3 Milliarden Euro, das entspricht einem saisonbereinigten Rückgang zum Juli um 1,4 Prozent. Zwar ist der Export damit immer noch die wichtigste Stütze der Unternehmen – seit Jahresbeginn stieg er um 10,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch zugleich stagniert die Binnenwirtschaft weiter. Auch neueste Angaben zur Industrieproduktion zeugen von gebremstem Schwung. Die Wirtschaftsleistung im produzierenden Gewerbe sei im August gesunken, berichtete das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin. Die Erzeugung habe sich gegenüber Juli saisonbereinigt um 1,0 Prozent vermindert, vor allem wegen Einbußen beim Bau und bei der Energieerzeugung.

Experten hatten mit schlechten Zahlen gerechnet. „Der Zenit des Aufschwungs ist überschritten“, sagte Andreas Scheuerle von der Deka-Bank in Frankfurt am Main. Darauf hätten bereits Umfragen unter Unternehmern und Daten über den Auftragseingang hingedeutet. Für die kommenden Monaten sei mit einer weiteren Eintrübung des Klimas zu rechnen. „Die hohen Energiepreise werden erst allmählich auf die Verbraucher abgewälzt, etwa bei den Heizkosten. Der Konsum wird daher schwach bleiben“, erwartet er. Insgesamt werde das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2004 zwar mit einer Jahresrate von 1,9 Prozent wachsen. „Der Arbeitsmarkt wird davon aber nicht profitieren – jetzt kommen die schwierigen Wintermonate“, befürchtet er. Das spreche dafür, dass auch das Wachstum im kommenden Jahr nicht sehr üppig ausfallen werde.

Auch die Weltwirtschaft dürfte schwächer werden – vor allem wegen der Lage in den Vereinigten Staaten. Dort haben die Unternehmer im September nur 96000 Stellen geschaffen, wie das US-Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Analysten hatten mit 150000 Stellen kalkuliert. Die Arbeitslosenquote verharrte bei 5,4 Prozent. Die Zahl der im August neu geschaffenen Stellen revidierte das Ministerium von zunächst geschätzten 144000 gleichzeitig auf 128000 nach unten. „Die Impulse von Steuerrückzahlungen und niedrigen Zinsen laufen aus, das Öl ist teuer, und die Unternehmen bauen lieber Schulden ab als neue Leute einzustellen“, begründete David Milleker von der Dresdner Bank die Entwicklung. „Die USA stehen vor einer deutlichen konjukturellen Abkühlung.“

Die neuesten Zahlen könnten dem US-Präsidentschaftswahlkampf eine entscheidende Wende geben. Seit dem Amtsantritt von George W. Bush Anfang 2001 gingen insgesamt 821000 Stellen verloren. Damit ist der Republikaner der erste Präsident seit der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren, in dessen Amtszeit Jobs abgebaut wurden.

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