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Wirtschaft: Dem Chef von BMW entgleitet das Steuer

MÜNCHEN (tmh).Ein schwerer Machtkampf erschüttert den Münchner Automobilbauer BMW und kostet Konzernchef Bernd Pischetsrieder offenbar den Job.

MÜNCHEN (tmh).Ein schwerer Machtkampf erschüttert den Münchner Automobilbauer BMW und kostet Konzernchef Bernd Pischetsrieder offenbar den Job.Nach bisher von BMW unbestätigten Zeitungsberichten muß der Bayer nach der Aufsichtsratssitzung am heutigen Freitag das Feld räumen.Ob ihm, wie vermutet wird, BMW-Vorstand Wolfgang Reitzle folgt, ist noch unklar.Pischetsrieder ist es nach dem Kauf des britischen Atomobilbauers Rover in der Vergangenheit nicht gelungen, das verlustreiche Unternehmen zu sanieren.

Die Lage um den Spitzenmanager der Bayerische Motoren Werke (BMW) AG, Bernd Pischetsrieder, ist in den vergangenen Tagen immer verworrener geworden.Bereits am Mittwoch habe der seit knapp sechs Jahren amtierende Vorstandsvorsitzende intern seinen Rücktritt erklärt, heißt es in München aus Pischetsrieder nahestehenden Kreisen."Herr Pischetsrieder ist nicht zurückgetreten und hegt auch keine Rücktrittspläne," dementierte dagegen BMW-Öffentlichkeitschef Richard Gaul.Er gehe davon aus, daß der angeblich bereits Zurückgetretene auch nach der Sitzung des Aufsichtsrats kommenden Freitag noch an der Spitze des Konzerns stehen werde.Gerüchte um eine vorzeitige Ablösung des BMW-Lenkers gibt es unter dem Eindruck anhaltender Verluste bei der britischen BMW-Tochter Rover schon länger.

Als Nachfolger wird über den bisherigen BMW-Entwicklungschef Wolfgang Reitzle und den ehemalige BMW-Finanzchef Volker Doppelfeld spekuliert, der bislang als kommender Aufsichtsratschef galt.Am Freitag könnte bereits Pischetsrieders Nachfolger präsentiert werden.Reitzle wird dem Vernehmen nach in Teilen der Belegschaft abgelehnt.Das könnte mit dem harten Rover-Kurs zu tun haben, den der Entwicklungsexperte auf der britischen Insel offenbar fahren will.Demzufolge votiert die derzeitige Nummer zwei im Konzern praktisch für eine Reduzierung von Rover auf die beiden Marken Landrover (Geländewagen) und Mini (Kleinwagen).Wenn BMW den Briten den Ausstieg aus ihrem normalen Pkw-Programm verordnet, hätte das auf der Insel die Schließung von Werken und den Verlust großer Teile der noch 40 000 Mitarbeiter starken Belegschaft zur Folge.Eine solche Radikalkur würde unweigerlich öffentlichen Aufschrei auf der Insel provozieren.

Nicht zuletzt deshalb wird im BMW-Aufsichtsrat auch erwogen, den mutmaßlich dezenteren Doppelfeld zumindest vorübergehend an die Spitze des Gesamtunternehmens zu berufen.Zudem ist auch Reitzle nicht ganz frei von den Vorwürfen, die aus dem Aufsichtsrat heraus derzeit auf den BMW-Vorstand niederprasseln.So richtet sich der Vorwurf einer verfehlten Modellpolitik klar an die Adresse des Entwicklungschefs.Seit zwei Jahren leide die Modellpalette des Münchner Mutterhauses unter der Konzentration auf das Sorgenkind Rover, wird kritisiert.Ein andauernder Streit zwischen Reitzle und Pischetsrieder über den richtigen Kurs bei Rover habe zudem viele wichtige Entscheidungen verzögert.Weit mehr in der Verantwortung steht allerdings Pischetsrieder.Ihm wirft der Aufsichtsrat Versagen bei der Lösung des immer drängender werdenden Rover-Problems vor.

Die vom noch amtierenden BMW-Chef eingefädelte Übernahme des britischen Autobauers vor fünf Jahren ist mittlerweile zum Mühlstein am Hals der Münchner geworden.1994 war das noch anders.Pischetsrieder wurde in der Branche gefeiert, als er Rover dem sicher geglaubten Griff des japanischen Honda-Konzerns entrissen hatte.Die gut zwei Mrd.DM Kaufpreis seien quasi ein Schnäppchen, suggierierte der Manager.Denn dafür könne man alternativ gerade mal zwei neue Modelle entwickeln.Mit Rover erhalte BMW aber nicht nur Geländewagen vom Typ Landrover und den Kleinwagen Mini sondern auch noch die normalen Pkw-Reihen und einige Sportwagenmarken dazu.Gerade das Pkw-Programm wurde aber zuletzt zum Faß ohne Boden.BMW- Techniker stöhnen noch heute über den veralteten Zustand der britischen Werke und Qualitätsmängel.Mittlerweile ist klar, daß Rover mit Investitionen aus eigener Kraft die Wende nicht schafft.Zusätzlich zum Investitionsbedarf in Höhe mehrerer Milliarden DM gesellen sich anhaltende Verluste, die für 1998 auf bis zu 1,6 Mrd.DM geschätzt werden.Offiziell nimmt BMW dazu keine Stellung.Trotz dieser katastrophalen Lage war Pischetsrieder bis zuletzt nicht zu radikalen Schnitten bei seinem Ziehkind Rover bereit.Mit der Belegschaft hat er sich zwar auf den Abbau Tausender Stellen und ein neues Arbeitszeitmodell geeinigt.Das allein bringt die Briten aber nicht auf das Produktivitätsniveau des Stammhauses, räumen die Münchner ein.Nun könnte Rover die schützende Hand des einst erfolgsverwöhnten Bajuwaren verlieren.Ob Reitzle oder der gemäßigtere Doppelfeld zum Vorstandsvorsitzenden gekürt werden, bleibt abzuwarten.Für die Belegschaft ist Reitzle gemäß seinen Plänen bei Rover sicher kein Wunschkandidat.

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