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Wirtschaft: Der Allfinanz-Konzern: 129 Jahre Selbstständigkeit gehen für die Dresdner Bank zu Ende

Euphorie verbreiten die beiden Manager wahrlich nicht. Das Lachen für die Fotografen im Atrium des Vorstandsgebäudes der Dresdner Bank im Zentrum der Bankenstadt Frankfurt wirkt aufgesetzt.

Euphorie verbreiten die beiden Manager wahrlich nicht. Das Lachen für die Fotografen im Atrium des Vorstandsgebäudes der Dresdner Bank im Zentrum der Bankenstadt Frankfurt wirkt aufgesetzt. Nüchtern und geschäftsmäßig unterbreiten Hennig Schulte-Noelle und Bernd Fahrholz am Montag Vormittag vor rund 150 Journalisten und 20 Kamerateams das Vorhaben, das doch angeblich ein historisches Datum markiert. Zumindest für den Dresdner Bank-Chef. Allenfalls seinen Gesichtszügen sind Emotionen zu entnehmen. Kein Wunder: Nach 129 Jahren gibt die Dresdner Bank ihre Eigenständigkeit auf. Wo die beiden Manager heute Pragmatismus verbreiten - Schulte-Noelle: "Wir mussten handeln" - hatte sich gut 13 Monate zuvor noch wahre Aufbruchstimmung und Begeisterung breit gemacht. Damals als Rolf Breuer und Bernhard Walter die Fusion von Deutscher und Dresdner Bank und damit eine wahre Sensation kundtaten. Dutzende von Charts ließen die beiden Banker damals auflegen, mit schwindelerregenden Zahlen. Um vier Wochen später klein bei zu geben: Die Mammutfusion war geplatzt.

Damals gehörte auch Schulte-Noelle zu den vermeintlichen Gewinnern, bevor er eine der größten Enttäuschungen seiner Karriere hinnehmen musste. Auch deshalb gibt sich der Manager mit dem langen Schmiss auf der linken Backe an diesem Montag, wo die Frühlingssonne das Vorstandsgebäude an der Frankfurter Gallus-Anlage in helles Licht taucht, betont zurückhaltend. Ein paar schöne Worte, ein paar glatte Floskeln, das ist alles. Kaum ein Detail nennt der Allianz-Chef. Selbst das konkrete Datum für die Vorlage des Übernahmeangebotes bleibt er schuldig. Aber das ist auch Fassade: Im Hintergrund zieht er schon neue Fäden, spricht weiter mit der Deutschen Bank.

Nicht nur das zeigt, dass die Dresdner Bank endgültig ins zweite Glied rückt. "Heinrich Linz, der Chef unserer Fondstochter rückt in den Konzernvorstand", sagt Dresdner-Bank-Chef Fahrholz. Er wendet sich zu Schulte-Noelle und lächelt leicht verkrampft. "Ich muss wohl besser sagen: Teilkonzern." Der Manager eines der größten Finanzinstitute Deutschlands bekräftigt zwar die Eigenständigkeit seines Hauses, weiß aber zu gut, dass die Musik künftig in München spielt. Das Eingeständnis fällt im eigenen, noblen Vorstandsgebäude umso schwerer.

Zwei entscheidende Männer für den Deal des Jahres im deutschen Finanzgewerbe fehlen allerdings in Frankfurt: Bundesarbeitsminister Walter Riester und Finanzminister Hans Eichel. Mit ihren Gesetzen zur privaten und betrieblichen Altersvorsorge und mit der Steuerreform haben sie der Allianz den letzten Antrieb zur Übernahme der Dresdner geliefert. Was Schulte-Noelle - ohne die Namen der beiden Minister ausdrücklich zu nennen - freimütig einräumt. Wer hätte je gedacht, dass ein Ex-IG Metall-Vize und ein sozialdemokratischer Kassenwart dem Finanzriesen in München und der Großbank in Frankfurt Beine machen würde.

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