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Wirtschaft: Der Arbeitskampf geht doch weiter

Der Tarifstreit in der Metallindustrie geht weiter.

"Ich halte Streiks in weiteren Gebieten für möglich", sagte IG-Metall-Chef Klaus Zwickel am Freitag in Berlin. Zwickel bezog sich mit seiner Einschätzung auf die Arbeitgeber in Sachsen und Sachsen-Anhalt, die eine Übernahme des Stuttgarter Tarifkompromisses ablehnten. Aus Sachsen-Anhalt hieß es jedoch, der Abschluss werde übernommen. In Berlin wurden die Verhandlungen unterdessen fortgesetzt. Mit einem Ergebnis sei aber erst in der nächsten Woche zu rechnen, sagte IG Metall-Verhandlungsführer Hasso Düvel. Bis dahin werde weiter gestreikt.

Zwickel sagte, es gebe keinen Grund zur bundesweiten Entwarnung. IG Metall und der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hatten sich am Vorabend nicht darauf einigen können, den Tarifabschluss aus BadenWürttemberg für die übrigen Gebiete zu übernehmen. Beide Tarifpartner empfehlen aber ihren regionalen Verbänden die Übernahme. In Baden-Württemberg hatten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber am Mittwoch auf eine zweistufige Lohnerhöhung geeinigt. In diesem Jahr sollen Arbeitnehmer vier Prozent mehr Lohn erhalten, ab Juni 2003 3,1 Prozent. Für diesen Mai gibt es eine Einmalzahlung von 120 Euro. Diese Pauschale ist nach Auskunft von Zwickel in den regionalen Arbeitgeberverbänden noch umstritten. Probleme gebe es auch bei den Ausbildungsvergütungen.

Auf prinzipielle Ablehnung stoße der Tarifabschluss bei den Arbeitgeberverbänden in Sachsen und Sachsen-Anhalt, sagte der IG-Metall-Chef. Sollten dort die Arbeitgeber den Abschluss "nicht eins zu eins übernehmen", dann habe das Konsequenzen: "Dort, wo die Arbeitgeber partout wegen ein paar Euro den Konflikt suchen, stehen wir vor der Frage, ob wir Urabstimmungen über einen Streik einleiten", drohte Zwickel. Vor allem an den Metallarbeitgebern in Sachsen übte Zwickel heftige Kritik. "Die spielen verrückt", sagte er. "Das ist schlicht und einfach eine chaotische Truppe, die Politik nach Rasenmähermethode macht." Die IG Metall besteht für alle Bezirke auf einer vollen Übernahme des Abschlusses im Südwesten. In Berlin und Brandenburg könnten schon Ende der kommenden Woche die Streiks beendet sein, kündigte Zwickel an. Am Freitag nahmen die Tarifpartner die Verhandlungen wieder auf, die am Dienstag fortgesetzt werden sollen. Mit dem bisherigen Streikverlauf zeigte sich Zwickel zufrieden. Das flexible Streikkonzept habe sich bewährt. Bis auf wenige Ausnahmen habe die Beteiligung an den Streiks bei nahezu 100 Prozent gelegen. Der IG Metall-Chef rechtfertigte den Streik noch einmal. Mit der Lohnerhöhung um vier Prozent erhöhe sich das Bruttoeinkommen in der Metall- und Elektroindustrie von derzeit 135 Milliarden Euro im Jahr um 5,4 Milliarden Euro. "Das stärkt die Kaufkraft, schafft Nachfrage und unterstützt den Aufschwung", sagte Zwickel. Für die Arbeitgeber steige der Gesamtkostenaufwand aber nur um 0,8 Prozent.

In Berlin und Brandenburg beteiligten sich am Freitag nach Gewerkschaftsangaben 1500 Beschäftigte von fünf Firmen an dem Ausstand. Streikposten standen in Berlin vor zwei Borsig-Werken, bei Alstom Power Service in Pankow und bei Bosch-Siemens-Haushaltsgeräte in Spandau sowie in Brandenburg vor der INA-Motorenelemente Schaeffler KG in Luckenwalde. Für Dienstag hat die IG Metall 2100 Beschäftigte in drei Betrieben zum Streik aufgerufen. Der Verband der Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg (VME) hatte bereits am Vortag signalisiert, den Pilotabschluss von Baden-Württemberg für die Region übernehmen zu wollen. Gleichzeitig hatte VME-Geschäftsführer Hartmann Kleiner die Fortsetzung des Arbeitskampfes als "absurd und lächerlich" bezeichnet und seinem Verhandlungspartner Düvel vorgeworfen, "nicht alle Tassen im Schrank" zu haben.

Auch die Berliner IG Metall erklärte ihre Bereitschaft zur Übernahme des Böblinger Kompromisses. Es müssten jedoch offene Fragen der Ost-West-Angleichung geklärt werden. Dazu gehöre die Wochenarbeitszeit. Da in Böblingen eine Laufzeit bis Ende 2003 vereinbart wurde, sieht die IG Metall weitere Angleichungsschritte in Gefahr. Nach dem derzeit geltenden Manteltarifvertrag beträgt die Wochenarbeitszeit im Osten 38 Stunden; dieser Tarifvertrag endet am 30. April 2003. Danach will die Gewerkschaft die im Westen geltende 35-Stunden-Woche schrittweise auch für den Osten durchsetzen. Angleichungsschritte wurden bereits in den Tarifrunden 1998 und 2000 verschoben. "Ein drittes Mal lassen wir uns in dieser Frage nicht ausbremsen", sagte Düvel.

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