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Wirtschaft: DER ATOMMANAGER

Jürgen Großmann räumt vorzeitig die RWE-Spitze.

Eigenartige Dinge erzählt man sich in Essen über Jürgen Großmann. Im Rolls-Royce, so ist zu hören, lasse sich der Vorstandsvorsitzende von RWE durch die Gegend kutschieren. Aber da er selbst das als etwas anstößig empfinde, steige er wenige Kilometer vor der Unternehmenszentrale in einen normalen Benz um. Eigenartig.

Jürgen Großmann kann sich eine Menge leisten: Als Besitzer der Georgsmarienhütte wurde er schwerreich, „Forbes“ schätzt sein Vermögen auf mehr als eine Milliarde Euro. Ein erfolgreicher Mann. Früher, vor der Zeit bei RWE. Vor gut vier Jahren wurde Großmann Chef des Unternehmens, nach Eon der zweitgrößte Energiekonzern hierzulande. Strom gewinnt RWE, das zu einem Viertel nordrhein-westfälischen Kommunen gehört, vor allem in Braunkohle- und Atomkraftwerken. Und das ist schlecht: Braunkohle ist der schmutzigste Brennstoff überhaupt, und die Atomkraft ist nach Fukushima ein Auslaufmodell in Deutschland.

Der zwei Meter große Großmann hat ein raumgreifendes Selbstbewusstsein. Wie kein zweiter Energieunternehmer nahm er kein Blatt vor den Mund bei seiner Kritik an der so abrupt die Richtung wechselnden Bundesregierung. Großmann initiierte eine Anzeigenkampagne pro Kernkraft und polterte gegen Angela Merkel und deren Umweltminister Norbert Röttgen. Das ging nach hinten los. Beim einem Energiegipfel im Kanzleramt war Großmann nicht mehr dabei. Doch für eine Branche, deren Geschäftsbedingungen auf regulierten Märkten von der Politik ganz wesentlich bestimmt werden, ist Lobbykompetenz sehr wichtig. Mit Großmann geht das nicht mehr. Im kommenden Sommer wird er von dem 48-jährigen Niederländer Peter Terium ersetzt. Ein Mann mit diplomatischen Fähigkeiten.

Bis zuletzt bleibt Großmann ohne Fortune. Die angepeilte Kooperation mit Gazprom platzte in der vergangenen Woche. Großmann wollte gemeinsam mit dem russischen Monopolisten Kraftwerke bauen – und hoffte nebenbei auf günstigere Gasverträge mit den Russen. Das wird nun wohl nichts. RWE hat Milliardenschulden und braucht Geld, um in Zukunftsenergien zu investieren. Deshalb hat Großmann ein Verkaufsprogramm aufgelegt, das bis 2013 rund elf Milliarden Euro einbringen soll. Und deshalb hat RWE Anfang Dezember über eine Kapitalerhöhung gut zwei Milliarden Euro eingenommen. Großmann hatte aber auf 2,5 Milliarden gehofft – es läuft einfach nicht rund. alf

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