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Wirtschaft: Der Baukonzern testet das Tarifsystem

Nun wird es ernst. Nach monatelangem Tauziehen mit den Funktionären der IG Bau und dem Arbeitgeberverband erwägen jetzt nach dem Vorstand auch die Mitarbeiter des Holzmann-Konzerns, den Tarif der Branche zu verlassen.

Von Antje Sirleschtov

Nun wird es ernst. Nach monatelangem Tauziehen mit den Funktionären der IG Bau und dem Arbeitgeberverband erwägen jetzt nach dem Vorstand auch die Mitarbeiter des Holzmann-Konzerns, den Tarif der Branche zu verlassen. Was die Bauarbeiter damit erreichen wollen, ist nicht mehr, als ihre Arbeitsplätze zu retten. Die Not der Holzmänner wirft ein bezeichnendes Licht auf den Zustand des Flächentarifs. Seine frühere Funktion als Verhandlungsergebnis von Mindeststandards, auf die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen, hat er schon lange verloren. Wo ein gemeinsamer Tarif-Standard für Konzerne und Mittelständler fest geschrieben wird, wo großen und kleinen Unternehmen gleichermaßen vorgeschrieben wird, wie viele Stunden die Mitarbeiter in der Woche arbeiten dürfen und wie viel Geld sie verdienen müssen, wundert es nicht, dass sich in den vergangenen Jahren zuerst die kleinen Unternehmen reihenweise in die verbandsferne Tarif-Illegalität verabschiedet haben. Denn es sind naturgemäß gerade die Mittelständler, die ein größtmögliches Maß an Flexibilität brauchen, um ihre Existenz zu sichern.

Und dieses notwendige Maß an Flexibilität bietet das Tarifbündnis nicht mehr. Auch wenn die Funktionäre beider Tariflager versichern, ihr Regelwerk sei reformfähig. Den Beweis dafür liefert die Holzmann AG. Wenn jetzt auch die Baukonzerne, also die Großindustrie, dem Tarifsystem den Rücken zukehren, dann zerbricht das alte deutsche Tarifmodell endgültig an seiner Starrheit - und an seiner Unfähigkeit, sich aus sich selbst heraus zu modernisieren.

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