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Wirtschaft: Der Bierdeckel reicht nicht mehr

Die CDU/CSU arbeitet an ihrem Steuerkonzept – aber das Ende der Gewerbesteuer hat sie schon vertagt

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Die Union will im Fall eines Wahlsieges die Reform der Gewerbesteuer vorerst zurückstellen. Als ein Projekt für „das Ende der Fahnenstange“ bezeichnete der kommunalpolitische Sprecher der Union, Peter Götz (CDU), die geplante Abschaffung der Kommunalsteuer. Götz reagierte damit auf die Kritik der Kommunalverbände auf die Steuerpläne der Union.

Zuletzt hatte sich der Deutsche Städtetag bei seiner Hauptversammlung in Berlin in dieser Woche gegen eine Abschaffung der Gewerbesteuer ausgesprochen. Die Kommunen wollen an ihrer originären Einnahmequelle vor allem deshalb festhalten, weil die Einführung der Mindeststeuer für Firmen durch die rot-grüne Bundesregierung zuletzt zu einem Boom bei den kommunalen Steuereinnahmen geführt hat. Dass die Union diese Finanzierungsbasis der Kommunen durch eine Gewerbesteuerreform schwächen will, bezeichnete Götz als „völligen Quatsch“.

Die Union hatte im Vorjahr beschlossen, die Gewerbesteuer abzuschaffen und durch eine „wirtschaftskraftbezogene“ Kommunalsteuer mit eigenem Hebesatzrecht zu ersetzen. Das bedeutet, dass in Zukunft nicht nur Gewerbebetriebe zu ihrer Steuerlast eine gesonderte Gewerbesteuer zahlen müssen, sondern auch Selbstständige, Freiberufler und teilweise sogar Arbeitnehmer. Zur Finanzierung der Städte und Gemeinden soll „jedes Einkommen aus wirtschaftlicher Tätigkeit“ herangezogen werden, sagte Götz. Allerdings wolle die Union diesen Schritt erst „nach der Umsetzung einer großen Steuerreform“ vollziehen.

Wann eine unionsdominierte Bundesregierung eine grundlegende Reform des deutschen Einkommens- und Unternehmenssteuerrechts vollziehen will, ist noch nicht erkennbar. Vor allem im Unternehmenssteuerrecht fehlt der Union noch ein beschlussreifes Reformmodell. Beschlossen haben die Gremien von CDU und CSU vorerst nur eine Senkung der Einkommenssteuern von 15 auf 12 Prozent im Eingangssteuerbereich und von 42 auf 39 Prozent im Spitzensteuersatz. Zur Finanzierung der daraus entstehenden Mindereinnahmen sollen Subventionen wie die Eigenheimzulage, die Pendlerpauschale und die steuerfreien Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge abgeschafft werden. Doch kurz nachdem CSU-Chef Edmund Stoiber diese Maßnahmen benannt hat, schränkte Sachsens Regierungschef Georg Milbradt (CDU) sie wieder ein. Er sprach sich am Freitag dafür aus, die Pendlerpauschale lediglich für den Arbeitsweg bis zehn Kilometer Entfernung zu streichen. Weil die Pendlerpauschale gerade in Flächenländern eine wichtige Rechengröße für Arbeitnehmer ist, hatten sich vor allem die unionsregierten großen Bundesländer im Südwesten Deutschlands bislang immer gegen Kürzungen oder eine Abschaffung zur Wehr gesetzt.

Das Regierungskonzept im Steuerbereich will die Union am 11. Juli vorlegen. Es soll auf der CDU-Seite von Generalsekretär Volker Kauder und dem Parlamentarischen Geschäftsführer Norbert Röttgen erarbeitet werden. Von CSU-Seite sind Generalsekretär Markus Söder und der bayerische Staatskanzleichef Erwin Huber beteiligt. Die Bildung von speziellen Arbeitsgruppen der Finanz-Fachleute sei nicht vorgesehen, hieß es. Allenfalls hätte das Programm-Quartett vor, sich bei Fachfragen mit Experten zu beraten. Wie es in der Unionsfraktion hieß, werde die Meinung des ehemaligen Finanzexperten der CDU, Friedrich Merz, nicht eingeholt. Das Merz`sche „Bierdeckel-Steuerkonzept“ entspreche ohnehin nicht mehr der Beschlusslage beider Parteien. Von Friedrich Merz wird allerdings erwartet, dass er seine Positionen der Öffentlichkeit nicht vorenthalten wird. Nach langer Medienpause wird er am morgigen Sonntagabend in der ARD auftreten und eine Woche später mit Kurt Biedenkopf (CDU) in der Hertie School of Governance über Steuerpolitik debattieren.

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