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Wirtschaft: Der Boom der US-Wirtschaft ist kein Grund zum Ausruhen

Amerikanische Aktien befinden sich auf einem Höhenflug, die Inflation ist so gut wie verschwunden und Jobs gibt es in Hülle und Fülle.Der amerikanische Bundeshaushalt wird zum ersten Mal seit 30 Jahren ausgeglichen sein.

Amerikanische Aktien befinden sich auf einem Höhenflug, die Inflation ist so gut wie verschwunden und Jobs gibt es in Hülle und Fülle.Der amerikanische Bundeshaushalt wird zum ersten Mal seit 30 Jahren ausgeglichen sein.Möglicherweise verzeichnet er bald sogar einen Überschuß.Die Aktien werden immer weiter steigen, das uralte Problem der Knappheit ist gelöst, scheinen die Amerikaner zu glauben. Euphorie ist immer ein gefährliches Gefühl.Sobald Präsident Clinton in seiner Ansprache zur Lage der Nation erklärt hatte, daß die Zeiten gut sind für Amerika, zeigte er auch schon Wege auf, wie der Haushaltsüberschuß ausgegeben werden könne - vor allem für die sozialen Absicherung.Die Republikaner wollen die Ausgaben ebenfalls erhöhen, und wenn sie über Steuersenkungen reden, meinen sie nicht solche, die wirtschaftliches Wachstum fördern, sondern solche, die auf soziale Ziele wie beispielsweise die Besserstellung von Familien gerichtet sind.Was allerdings die Wachstumsraten betrifft, hat die amerikanische Wirtschaft keinesfalls die der goldenen Jahre erreicht.Die Politiker haben bestenfalls eine leise Ahnung davon, wie ihr Land zu dem jetzigen Wohlstand gekommen ist. Werfen wir einen Blick auf die wirtschaftliche Leistung der Clinton-Administration.Wiedergewählte Präsidenten bekommen immer das Lob oder die Schelte für wirtschaftlichen Erfolg oder Mißerfolg.Jetzt hört man einiges darüber, wie die wirtschaftlichen Erfolge die Skandale des Präsidenten mit Leichtigkeit aufwiegen.Präsident Clinton hat einfach Glück gehabt.Denn der Aufschwung nahm seinen Anfang schon im Jahr 1991, auch wenn er zunächst nur schleppend anlief.Das Gefühl, die Zeiten seien schlecht, hielt immer noch an, als Clinton Präsident George Bush im November 1992 besiegte.Und das, obwohl die Wirtschaft schon damals eine beachtliche Wachstumsrate von 2,7 Prozent aufwies. Als Clinton sein Amt antrat lagen seine wirtschaftlichen Erfolge hauptsächlich darin begründet, daß seine Pläne, die schweren wirtschaftlichen Schaden anrichten konnten, niedergestimmt wurden.Ein Gesetzespaket zur Wirtschaftsförderung, das die Staatsausgaben zunächst erhöhen sollte und für später ein geringeres Haushaltsloch versprach, wurde vom Kongreß abgelehnt.Clintons Steuererhöhungen fanden nur eine Mehrheit von je einer Stimme in jeder Kammer.Das Kernstück der Wirtschaftspolitik seiner ersten Jahre war, ganz klar, der Plan, 14 Prozent des Bruttosozialprodukts durch eine Gesundheitsreform neu zu verteilen.Dieser Plan hätte die medizinische Versorgung in Amerika in einen solchen Sumpf der sozialisierten Wohlfahrt verwandelt, wie er in Europa schon seit Jahren das wirtschaftliche Wachstum hemmt.Das umfangreiche Reformwerk ist letztlich unter seinem eigenen Gewicht zusammengebrochen. Weil Clinton jegliche Vision in wirtschaftlichen Bereichen fehlte, wählte eine empörte Wählerschaft 1994 eine republikanische Mehrheit in beide Häuser - zu ersten Mal in 40 Jahren.Der Rentenmarkt, mit dem es ohnehin abwärts ging, erreichte am Wahltag einen Tiefstand.Die Aktien begannen mit dem schwindelerregenden Aufstieg, den sie bis heute fortsetzen. Diese Märkte haben sozusagen die gute ökomomische Entscheidung diktiert, den Vorsitzenden der Federal Reserve, Alan Greenspan, 1996 wieder in dieses Amt zu berufen.Clinton hätte es sich schlecht leisten können, Alan Greenspan zu ersetzen, denn die Märkte hätten auf diese Entscheidung sehr negativ reagiert.Außerdem mußte Clinton diese Entscheidung während seiner Kampagne zur Wiederwahl treffen, die damit warb, daß die Zeit der großen, mächtigen Regierungen vorbei sei.Die Wachstumsrate hat im vergangenen Jahr 3,8 Prozent erreicht.Eine starke Zahl, aber historisch betrachtet kein Rekord.Sie hat die durchschnittliche Wachstumsrate während der Clinton-Administration auf 3,0 Prozent aufgestockt. Längerfristig betrachtet liegen diese Zahlen hinter denen der sogenannten goldenen Jahre in den 50ern und 60ern.Das Wachstum des Bruttosozialprodukts von 1950 bis 1973 lag im Durchschnitt bei 3,9 Prozent jährlich.Seither ist es auf einen Jahresdurchschnitt von 2,6 Prozent gesunken.In ihrem jüngsten Bericht an den Präsidenten sagten Clintons Wirtschaftsberater ein weiteres Absinken auf 2,4 Prozent voraus.Was ist nur mit der Informations-Revolution, dem Zeitalter der Innovation und alledem passiert? Die Differenzen in den Wirtschaftsdaten sind alles andere als trivial.Wäre die US-Wirtschaft mit durchschnittlich 3,9 Prozent pro Jahr weitergewachsen, wäre das Bruttosozalprodukt rund 37,5 Prozent höher als es jetzt ist.Anders gesagt: Hätten die Vereinigten Staaten jene Politik fortgesetzt, die ihnen Wachstumsraten von 3,9 Prozent bescherten, würde die USA jetzt ein Bruttosozialprodukt von 11 Billionen Dollar statt 8 Billionen Dollar haben.Das sind pro Kopf 40 000 Dollar statt 30 000 Dollar. Die gängige Erklärung für das, was 1973 passierte, ist die Ölpreisexplosion.Der darauf folgende Abwärtstrend hat diese Entwicklung jedoch nicht wieder umgekehrt.Deshalb liegt es nahe, daß sowohl die Explosion der Ölpreise als auch die nierigen Wachstumsraten - nicht nur in den USA, sondern weltweit - die künstlichen Folgen des Zusammenbruchs des Bretton Woods Systems waren.Der Einsturz des Dollars führte ins Jahrzehnt der weltweiten Inflation.Anders als erwartet, heizte sie dasWachstum nicht an, sondern bremste es. Während der Amtszeit Reagans wurden die niedrigen Wachstumsraten und die hohe Inflation auf zweierlei Art bekämpft.Zum einen war es Paul Volkers strikte Geldpolitik, die die Inflation eindämmte.Zum anderen waren es die Steuersenkungen, die die Wirtschaft auf Trab brachten.Als die Steuersenkungen ihre Wirkung im Jahr 1983 entfalten, begann ein Wirtschaftsboom, der sieben Jahre lang hohe wirtschaftliche Wachstumsraten brachte. In dem sogenannten Jahrzehnt der Gier wurden neue Instrumente an den Finanzmärkten eingeführt.Gleichzeitig wurde in vielen Betrieben skrupellos rationalisiert.Durch die Tricks des Junk-Bond-Königs Mike Milken und seinen Genossen kam es zu der Welle von Reorganisationen in den Unternehmen, die den Grundstock für die schlanken, schlagkräftigen Firmen von heute legten.Diese Unternehmen schafften die guten wirtschaftlichen Bedingungen, mit denen sich Clinton jetzt so gerne brüstet. Die Hochstimmung wurde nur kurz von der Kreditkrise, der sogenannten Savings und Loans Crisis, unterbrochen.Das Gesetz, das nach der Krise beschlossen wurden und das Spareigentum am unteren Ende des Marktes verstaatlichte, war das schlechteste Wirtschaftsgesetz seit dem Smoot-Hawley-Zoll. Abgesehen von dieser Episode erlebte die amerikanische Wirtschaft seit den Maßnahmen von Reagan eine Expansion, die schon 15 Jahre andauert.Trotzdem hat es Amerika nicht geschafft, ein neues goldenes Zeitalter zu schaffen.Wenn das gelänge, würden Probleme wie die der sozialen Sicherheit verblassen.Worauf es am stärksten ankommt, ist nicht das System, sondern die Wachstumsraten zwischen heute und dem späteren Zeitpunkt.Wenn Politiker den Haushaltsüberschuß ausgeben, sollten sie Wohlstand nicht als ein Geschenk hinnehmen, das verschwendet werden kann.Das Wachstum, dessen sich Amerika jetzt erfreut, war schwer verdient.Es ist immer noch weniger als in der Vergangenheit und reicht nicht aus, um mit den Problemen fertig zu werden, die die Zukunft bringt.

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