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Wirtschaft: Der Bundesgerichtshof verschärft Rechtslage - Künftig mehr Fahrverbote und höhere Bußgelder?

Die Situation kennt jeder Autofahrer: Sie fahren auf eine "ampelgeregelte" Kreuzung zu und beabsichtigen, nach rechts abzubiegen. Wie die anderen Autofahrer vor Ihnen überqueren Sie die weiße Haltlinie, die sich circa fünf Meter vor der Ampel befindet, bei Grünlicht, werden aber danach aufgehalten.

Die Situation kennt jeder Autofahrer: Sie fahren auf eine "ampelgeregelte" Kreuzung zu und beabsichtigen, nach rechts abzubiegen. Wie die anderen Autofahrer vor Ihnen überqueren Sie die weiße Haltlinie, die sich circa fünf Meter vor der Ampel befindet, bei Grünlicht, werden aber danach aufgehalten. Auf Höhe der Ampel kommen Sie zum Stehen. Deren Licht springt nun auf Gelb und auf Rot um. Während Sie bei rotem Licht warten müssen, verstreicht noch mehr als eine Sekunde. Danach wäre wieder "freie Fahrt": Die Fußgänger sind weg, die Autos vor Ihnen fahren weiter; die Ampel strahlt weiterhin rotes Licht ab.

Je nachdem, wie Sie sich in dieser Situation verhalten, droht Ihnen neuerdings nach höchstrichterlicher Rechtsprechung großes Ungemach: Fahren Sie weiter und in den Kreuzungsbereich ein, begehen Sie einen so genannten "qualifizierten" Rotlichtverstoß, der nach dem Bußgeldkatalog zu folgenden Konsequenzen führen kann: 250 Mark Geldbuße, ein Monat Fahrverbot, vier "Punkte in Flensburg". Diese verschärfte, ab sofort in Deutschland geltende Rechtslage beruht auf einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 24. 6. 1999 (zu § 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7 StVO in Verbindung mit der Bußgeldkatalogverordnung, dort Nr. 34.2 der Anlage zu § 1 / Akt. Z. 4 StR 61 / 99; veröffentlicht unter anderem in NJW 1999, 2978 f am 4. 10. 1999).

Bisher sind Autofahrer, die in einer solchen Verkehrssituation weiter- und damit in die Kreuzung einfuhren, meist unbehelligt geblieben. Denn in der Verkehrsrechtspraxis kam es für die Feststellung, ob überhaupt ein Rotlichtverstoß vorlag und ob dieser gegebenenfalls sogar "länger als eine Sekunde" nach Einspringen des Rotlichts (dann: "qualifizierter" Rotlichtverstoß) begangen wurde, maßgeblich darauf an, ob die Ampel bereits Rotlicht zeigte, als das Fahrzeug die weiße Haltlinie mit den Vorderrädern überquerte. Nur in diesem Fall machte man dem Fahrer den Vorwurf eines Rotlichtverstoßes, und nur wenn zu diesem Zeitpunkt die Ampel bereits länger als eine Sekunde rotes Licht signalisierte, traten die genannten "qualifizierten" Folgen ein.

Auf der Grundlage der neuen Entscheidung des BGH wird demgegenüber künftig von folgender Rechtslage auszugehen sein: Wenn der Fahrer, der die Haltlinie bei Grünlicht überquert hat - dies muss nach Auffassung des Verfassers auch für Überqueren bei Gelblicht gelten - und alsdann Rotlicht bekommt, ohne Halt ("nahtlos", so BGH) in die Kreuzung einfährt, ist sein Verhalten grundsätzlich nicht als Rotlichtverstoß zu beanstanden. Muss er hingegen, nachdem er die Haltlinie bei Grün- (oder Gelb-)licht überquert hat, verkehrsbedingt halten, und springt dann das Rotlicht ein, riskiert er im Falle der Weiterfahrt stets ein Bußgeldverfahren wegen Rotlichtverstoßes. Fährt ein Fahrzeugführer noch bis eine Sekunde nach Rotlichtbeginn in die Kreuzung ein, kommt die Katalog-"Regelbuße" von 100 Mark und drei Punkten zum Tragen ("einfacher" Rotlichtverstoß). Fährt er später als eine Sekunde nach Rotlichtbeginn ein, hat er wegen "qualifizierten" Rotlichtverstoßes mit den verschärften Konsequenzen zu rechnen: 250 Mark Geldbuße, Fahrverbot von einem Monat, Eintragung von vier Punkten.

Die nachgeordneten Gerichte sind gehalten, künftig ihrer Entscheidungspraxis die Rechtsauffassung des BGH zugrunde zu legen. Dies dürfte kurzfristig zu einer markanten Verschärfung der Ahndung von Rotlichtverstößen namentlich in verkehrsreichen Städten führen. Denn hier gehört es bei den bekannten Stausituationen im Bereich ampelgeregelter Kreuzungen zu den üblichen Unsitten im Straßenverkehr, sich noch durchzudrängeln, wo erkennbar "nichts mehr geht".

Peter Fahlenkamp

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