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Wirtschaft: Der Dax wird neu gemixt

Berlin. Die Karten im Dax werden neu gemischt: Zum 24.

Berlin. Die Karten im Dax werden neu gemischt: Zum 24. Juni erhalten Unternehmen mit breit gestreutem Anteilsbesitz ein höheres Gewicht im deutschen Leitindex. Dax-Werte, bei denen größere Aktienpakete nicht für den Börsenhandel verfügbar sind, weil sie im Festbesitz von Großanlegern sind, verlieren an Bedeutung. Da viele institutionelle Anleger und Fondsmanager ihr Portfolio am Index orientieren, wird es zu Umschichtungen kommen. Da ist sich Berndt Fernow sicher: Aktien von Aufsteigern müssen nachgekauft, Werte mit künftig geringerem Gewicht verkauft werden, so der Analyst der Landesbank Baden-Württemberg.

Die Umstellung könne die Verlierer zumindest kurzfristig unter Druck setzen, die Gewinner beflügeln. Schwerstes Unternehmen im Dax wird nun die Siemens AG. Ihr Gewicht wird von neun auf zwölf Prozent steigen. Der Elektronikkonzern löst die Allianz ab: Während Siemens-Aktien zu 94 Prozent frei handelbar sind, halten Münchener Rück, Deutsche Bank und Hypovereinsbank größere Pakete an der Allianz. Mit einem Streubesitz von 64 Prozent fällt der Versicherer im Dax auf den vierten Rang zurück. Profitieren wird auch die Deutsche Bank, die komplett in Streubesitz ist. Der deutsche Bankenprimus ist künftig das zweitschwerste Unternehmen im Dax und zudem der Gewinner der Reform: Die Gewichtung steigt um knapp 40 Prozent auf ein Zehntel des Index.

Mit der neuen Gewichtungs-Formel passt sich die Deutsche Börse internationalen Standards an. Ende Mai sind die Morgan Stanley Capital International (MSCI)-Indizes, an denen zahlreiche Anleger weltweit ihre Depots ausrichten, komplett auf Free Float (siehe Lexikon) umgestellt worden. Wegen des international vergleichsweise hohen Festbesitz-Anteils haben deutsche Aktien an Gewicht verloren. Für Fernow ist das „der Hauptgrund für die jüngsten Kursverluste bei der Allianz und der Münchener Rück.“ Amerikanische und angelsächsische Anleger, traditionell stärker indexorientiert als deutsche Investoren, hätten sich von den Versicherern getrennt.

Die Deutsche Börse hat sich mit der Free Float-Umstellung wegen der Steuerreform Zeit gelassen, die seit Januar den steuerfreien Verkauf von Firmenbetetiligungen ermöglicht. So hat die Deutsche Bank gerade erst ihre Beteiligung an der Münchener Rück auf unter fünf Prozent reduziert. Der Grund: Erst Pakete über fünf Prozent gelten als strategischer Besitz und bleiben bei der Berechnung des Streubesitzes außen vor. Der Verkauf hat den Free Float der Münchener Rück und damit ihre Position im Dax verbessert.

Die Hypovereinsbank schätzt, dass etwa die Hälfte der Börsenwerte im Dax, also rund 330 Milliarden Euro, in indexnahen oder indexorientierten Fonds gebunden sind. Diese werden nun entweder kontinuierlich oder erst am Stichtag angepasst. Für die Deutsche Börse zahlt sich das aus: Sie kassiert für jeden Kauf und Verkauf zwischen 1,50 und 17,50 Euro.

Doch auch institutionelle Anleger und Fondsmanager sind mit der Umstellung im deutschen Leitindex zufrieden: „Aktien, die zu 100 Prozent gewichtet, aber nur zur Hälfte verfügbar waren, wurden zu künstlich verteuerten Preisen gehandelt“, sagt Fernow. Bestes Beispiel dafür sei die Telekom. 1999/2000 waren T-Aktien ein „äußerst gefragtes, aber knappes Gut. Im Index waren sie zu 100 Prozent gewichtet, wegen des hohen Staatsanteils auf dem Markt aber nur zu 30 bis 40 Prozent verfügbar. Derzeit hält der Bund noch 43 Prozent an der Telekom. Die Gewichtung der Aktie wird nach Fernows Berechnung von gegenwärtig sieben Prozent (Rang 5) auf 5,5 Prozent (Rang 7) zurückfallen. „Der niedrige Free Float wird die Aktie weiter belasten“, so der Aktienstratege.

Größter Verlierer dürfte die Aktie der Degussa sein: Die Hypovereinsbank rechnet damit, dass die Verkaufsaufträge bis zur Umstellung um bis zu 37 Prozent steigen könnten. Denn wegen des geringen Free Float von knapp über 35 Prozent wird die Deutsche Börse das Gewicht der Aktie um mehr als 50 Prozent reduzieren. Fernow hält es sogar für „sehr wahrscheinlich, dass die Aktie ganz aus dem Dax fällt". Denn der Essener Bergbaukonzern RAG will die Degussa übernehmen. Ein Angebot will die RAG aber erst einen Tag nach der Umstellung vorlegen. In der Pole-Position für einen Aufstieg in den Dax steht laut Fernow das Pharmaunternehmen Altana, aber auch die Deutsche Börse selbst und Continental. Veronika Csizi

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