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Wirtschaft: Der Duft des Geldes

Kaffee ist so teuer wie lange nicht – und Spekulationen an der Börse könnten den Preis weiter nach oben treiben

Berlin - Kaffee ist im Supermarkt so teuer wie seit sechs Jahren nicht mehr. Anfang Februar und noch einmal Anfang Juni haben Anbieter wie Tchibo und Jacobs die Preise kräftig erhöht. Der Deutsche Kaffeeverband gibt zwar Entwarnung: „Wir gehen davon aus, dass weitere Preissteigerungen in diesem Jahr nicht mehr stattfinden werden“, sagte Hauptgeschäftsführer Winfried Tigges dem Tagesspiegel am Sonntag. Auch eine Tchibo-Sprecherin versichert: „Eine dritte Preiserhöhung ist nicht zu erwarten.“ Doch auf dem Weltmarkt steigt der Rohkaffeepreis weiter. Ein Grund: Die Preise werden immer stärker von Spekulanten bestimmt.

„Der Aufwärtstrend bei den Preisen für Rohkaffee ist weiterhin in Takt“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoff-Analyst der DZ Bank. Das könnte bedeuten: Auch die Verbraucher müssen sich – entgegen den Aussagen des Kaffeeverbands – auf weiter steigende Preise einstellen. „Seit Rohstoffe wie Öl und Metalle zu teuer geworden sind, haben die Anleger Agrar- und Tropenprodukte als Investitionsobjekte entdeckt“, sagt Weinberg. Neben institutionellen Anlegern wie Fonds investierten immer mehr Privatleute. „Leider ist aber nur wenigen bewusst, wie schwankungsanfällig der Preis für Rohkaffee ist“, warnt Analyst Weinberg.

Kaffee ist nach Öl der am meisten gehandelte Rohstoff der Welt. Die wichtigsten Handelsplätze befinden sich in London und New York. Die größten Kaffeeproduzenten sind Brasilien, Vietnam, Kolumbien und Indonesien. Über Jahre hinweg wurde der Marktpreis von einem Kaffeekartell bestimmt, in dem sich produzierende und konsumierende Länder absprachen. Doch das Kartell zerbrach Ende 1989. In der Folge überstieg das Kaffeeangebot über Jahre hinweg die Nachfrage auf dem Markt. Der Preis fiel. Seit dem Jahr 2000 sprechen viele Beobachter von einer regelrechten Krise auf dem Markt.

Ende der 80er Jahre kostete ein Pfund Kaffee an der New Yorker Börse etwa 1,20 Dollar bis 1,40 Dollar. Im Jahr 2003 habe der Preis bei 0,60 Dollar gelegen, sagt Analyst Mark Hubbard von ABN Amro in London. An diesem Freitag lag der Preis jedoch wieder bei 1,10 Dollar. Seinen Höchststand in diesem Jahr erreichte er im März bei 1,40 Dollar. „Man hat es sehr deutlich gesehen: Im dritten Quartal 2004 sind die Fonds massiv im Kaffeemarkt eingestiegen“, sagt Hubbard. Mehr als zehn Jahre hätten Investmentgesellschaften, Hedgefonds und Pensionskassen auf fallende Preise gesetzt und damit Geld verdient. Nun werde seit einiger Zeit in die andere Richtung gewettet: „Die großen Investoren sind wieder eingestiegen, weil die internationalen Kaffeeunternehmen steigende Preise vorausgesagt haben“, sagt Hubbard.

Inzwischen hat sich die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage nämlich deutlich reduziert. „Der Überhang ist geschrumpft“, sagt Tigges vom Deutschen Kaffeeverband. Aus zwei Gründen: „Zum einen ist die Nachfrage auf dem Weltmarkt gestiegen, zum anderen gibt es in Brasilien und Vietnam in diesem Jahr eine schlechtere Ernte.“

Ein Grund für die steigende Nachfrage ist laut Analyst Weinberg auch der wachsende Kaffeedurst in Asien: „Die Chinesen passen sich immer mehr an den westlichen Lebensstil an und trinken dabei immer mehr Kaffee.“ Im historischen Vergleich seien die Preise am Weltmarkt jedoch weiterhin niedrig. Daher geht Weinberg davon aus, „dass der Preis weiter zulegt“. Und womit Anleger immer rechnen müssen, sind Wetterentwicklungen in den kaffeeproduzierenden Ländern. „Ein Frost in Brasilien oder eine Dürre in Vietnam kann den Preis erheblich beeinflussen, denn die Kaffeepflanze ist ein sehr anfälliges Produkt“, sagt Weinberg.

Während fallende Preise für Rohkaffee jedoch nur sehr langsam an die Konsumenten weitergegeben würden, reagieren die Handelsunternehmen bei steigenden Preisen schneller, sagt ein Branchenexperte, der nicht zitiert werden möchte. Deutsche Konsumenten jedenfalls müssen inzwischen deutlich mehr für ein Pfund Kaffee bezahlen als noch im Dezember 2004. Der Preis für Markenkaffee stieg im Februar um 70 Cent, Discounter erhöhten um 40 Cent. Seit Anfang Juni verlangen Markenanbieter für Kaffee noch einmal 50 Cent und Discounter 30 Cent mehr. Im Schnitt kostete ein Pfund Kaffee am 1.Januar 2,90 Euro, am Freitag waren es nach Angaben des Kaffeeverbandes 3,73 Euro. Ein Gutteil des Preises wird dabei jedoch gar nicht vom Preis für Rohkaffee bestimmt: sieben Prozent Mehrwertsteuer sind enthalten und pro Pfund Kaffee kassiert der Finanzminister 1,10 Euro Kaffeesteuer.

Während man bei Tchibo nicht mit einer dritten Preisrunde in diesem Jahr rechnet, ist man bei Kraft Foods (Jacobs Kaffee) vorsichtiger: „Wir hoffen, dass der Preis stabil bleibt“, sagt ein Sprecher. Ernteausfälle könnten jedoch dazu führen, dass die Preiskurve weiter nach oben weise. „Dann müssen wir reagieren.“

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