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Wirtschaft: Der Einstieg in den Wertpapiermarkt sollte gut geplant sein - Struktur des Depots hängt von der eigenen Risikobereitschaft ab

Thomas Zimmermann ist über Nacht vermögend geworden. Ein Onkel hat dem 32-jährigen Chemiker einen beträchtlichen Geldbetrag in Form von Sparguthaben vermacht.

Thomas Zimmermann ist über Nacht vermögend geworden. Ein Onkel hat dem 32-jährigen Chemiker einen beträchtlichen Geldbetrag in Form von Sparguthaben vermacht. Doch mit der mageren Verzinsung des geerbten Vermögens will er sich nicht zufrieden geben. Die Börse lockt, Erfahrung mit Aktien hat er aber noch nicht.

Gerade Neueinsteiger wie Thomas Zimmermann haben es am Anfang schwer. Welche Strategie ist die richtige? Das Angebot an Finanzanlagen gleicht einem Dschungel. "Wer noch keine einschlägigen Erfahrungen hat, sollte sich auf jeden Fall bei einer Bank Rat holen", empfiehlt Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Wichtiger als die Anlageform selbst sind zunächst die persönlichen Wünsche und Anlageziele. Dabei steht die Frage nach der Anlagedauer an oberster Stelle. Denn nur, wenn das Geld zum gewünschten Zeitpunkt auch zur Verfügung steht, kann das Traumhaus gebaut oder die Rente aufgebessert werden. An zweiter Stelle folgt der Aspekt Sicherheit. Kursverluste können das bereits Angesparte schnell schrumpfen lassen. Dient die Anlage der Altersvorsorge, steht mit dem Näherrücken des Rentenalters die Vermögenssicherung im Vordergrund. Wer ausreichend gesichertes Kapital in der Hinterhand hat, kann es sich eher leisten, Risiken einzugehen. Erst an dritter Stelle kommt das, worauf die meisten Anleger zuerst achten: die Rendite.

Vor dem Gang zur Bank oder dem Vermögensverwalter sollten also die eigenen Ziele abgecheckt werden. Steht vielleicht in ein paar Jahren ein Hausbau auf dem Wunschzettel? Wird eine jährliche Ausschüttung erwartet? Wie viel Geld soll überhaupt angelegt werden? Nicht ganz einfach ist dabei die Einschätzung der eigenen Risikobereitschaft. Welche Risiken kann und will der Einzelne für eine höhere Rendite in Kauf nehmen?

"Das ist keine Frage des Alters oder des Geschlechts", sagt dazu Jobst-Babo Graf von Harrach, Direktor der Privaten Vermögensberatung bei der WestLB in Düsseldorf. "Es gibt auch ältere Leute, die zocken, was das Zeug hält." Die Risikobereitschaft ist nach seiner Erfahrung eine Frage der Mentalität, weniger der Lebenssituation. Doch wie nun der eigenen "Mentalität" auf die Spur kommen? Orientierungshilfen bieten einzelne Finanzinstitute auf ihren Internet-Seiten an; so zum Beispiel der Discount Broker Consors (www.consors.de), die Westdeutsche Landesbank (www.westlb.de) und die Fondsgesellschaft Adig (www.adig.de). Dort kann mit Hilfe eines Fragebogens der eigene Anlagetyp bestimmt werden. Die Daten werden sofort ausgewertet.

Ein Ergebnis könnte folgendermaßen lauten: "Sie sind der konservative Anlegertyp." Ein Vorschlag mit entsprechender Gewichtung von Aktien- und Rentenanteil im Depot wird gleich mitgeliefert. Eine individuelle Beratung ersetzen diese standardisierten Fragebögen freilich nicht. Als Rüstzeug und Messlatte für das bevorstehende Gespräch mit der Bank sind sie aber allemal von Vorteil. Verschiedene Angebote einzuholen ist immer sinnvoll, vor allem der Gebührenvergleich lohnt sich. Die Einschätzung des Anlegertyps bestimmt im Wesentlichen die Zusammensetzung des Depots. Dabei werden meist drei Typen unterschieden: der konservative, der risikobewusste und der spekulative Anleger. Grundsätzlich gilt die Faustregel, je risikofreudiger der Anleger, desto höher darf der Aktienanteil im Depot sein. "Ein konservativer, auf Sicherheit bedachter Anleger sollte einen Aktienanteil von maximal 30 Prozent im Depot haben", erläutert Dirk Madey, Vermögensberater beim Düsseldorfer Bankhaus Lampe. "Der spekulative Typ kann dagegen einen Aktienanteil bis zu 100 Prozent ertragen." Ergänzend dazu sollte aber ein ausreichender Bestand an Bargeld gehalten werden, für den Fall, dass das Auto den Geist aufgibt oder andere Anschaffungen anstehen.

Die größten Gewinnchancen bietet langfristig der Aktienmarkt. "Aktienanlagen haben aber immer auch das Risiko, dass man bei einzelnen Werten daneben liegt", erläutert der WestLB-Portfoliostratege Bernhard Teuerle. "Mit deutschen Aktien konnte man im vergangenen Jahr bei nur zehn Prozent landen, wenn es schlecht lief, aber auch bei 60 bis 70 Prozent. Durchschnittlich lag der Markt, abgebildet durch den Dax, bei knapp 40 Prozent im Plus."

Entscheidend ist der richtige Mix der Einzelwerte, und dazu braucht es Erfahrung und Hintergrundwissen. Aber selbst die Profis auf diesem Gebiet, die Analysten, liegen oft genug daneben. Ein individuell zusammengestelltes Depot mit Einzelwerten macht erst ab einer gewissen Summe Sinn. Die empfohlenen Mindestanlagebeträge sind von Bank zu Bank verschieden, liegen aber meist deutlich über 100 000 Euro.

Mehr Sicherheit bieten festverzinsliche Wertpapiere. Die niedrigen Zinsen machen den Rentenmarkt aber derzeit nicht gerade attraktiv. "Vor allem im letzten Jahr ist der Rentenmarkt deutlich schlechter gelaufen als der Aktienmarkt", stellt Teuerle fest. Doch mit ihrer langfristig konstanten Wertentwicklung sind Rentenpapiere nach wie vor ein wichtiger Posten im Depot. Verlustrisiken gibt es auch in diesem Fall, wenn beispielsweise vorzeitig verkauft wird.

Eine Alternative zu Einzelwerten sind breit gestreute Aktien- oder Rentenfonds. "Damit kann das Risiko, stark von der Marktentwicklung abzuweichen, begrenzt werden", so Teuerle. Aber auch bei Fonds gilt: sorgfältig auswählen. Denn auch hier schwanken die Ergebnisse. Ein Ergebnisvergleich der vergangenen fünf Jahre lohnt sich. Nur ein Drittel der Fonds entwickelt sich besser als der Index. Eine weitere Alternative sind Indexfonds.

Ihre Zusammensetzung orientiert sich an einzelnen Indizes, wie dem Dax oder dem Euro-Stoxx-50. Sie entwickeln sich also mit dem Markt, ohne nennenswert abzuweichen. Bei der Ländergewichtung im Aktienbereich sind sich die Profis derzeit weitgehend einig. Das Schwergewicht setzen sie bei den europäischen Blue Chips, an zweiter Stelle rangieren die großen US-Werte - das hat eine Umfrage bei Banken ergeben.

Silvia Liebrich

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