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Wirtschaft: „Der Einzelne muss Grenzen setzen“

Wann man Handys braucht – und wann nicht

Wie viele mobile Geräte benutzen Sie?

Zwei: ein Handy und ein Blackberry, das ist ein kleiner Taschencomputer.

Haben diese Dinge das Leben für Sie einfacher oder komplizierter gemacht?

Ich antworte mit einem beherzten „sowohl als auch“: Ohne die Möglichkeiten, überall telefonieren und mailen zu können, könnte ich das Leben, das ich führe, gar nicht leben. Das heißt aber auch: Ich bin immer und überall erreichbar.

Viele Menschen fühlen sich verfolgt, wenn Sie immer erreichbar sein sollen. Kann man es sich leisten, einfach abzuschalten?

Ich bin überzeugt: Man kann und muss. Wer immer auf Empfang ist und sich keine Pausen und Privatheit gönnt, ist irgendwann ausgebrannt. Und mal ehrlich: Wie viele Dinge sind wirklich so dringend, dass sie nicht mal einen oder auch ein paar Tage warten können?

Müssen wir eine Teilung der Gesellschaft fürchten, in die, die mit der neuen Technik umgehen können, und die, die nicht mehr mitkommen?

Es geht bei all den neuen Techniken und Kommunikationsmöglichkeiten ja eben nicht nur um die Bedienung und Nutzung der Geräte, sondern vielmehr um die soziale Anschlussfähigkeit. Kann derjenige noch am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, der sich diesen Dingen verweigert? Ich glaube noch: ja! Aber es wird für die Zukunft entscheidend sein, dass es uns gelingt, die Menschen mitzunehmen. Deshalb darf die Technik nicht zur Hürde werden. Umgekehrt kann das Mobiltelefon auch als Katalysator für gesellschaftliche Entwicklung wirken. In ländlichen, dörflichen Strukturen Afrikas etwa unterstützt das Handy nachgewiesen das Dorfleben, den Handel, die wirtschaftliche Entwicklung und auch die Emanzipation der Frauen.

Früher hieß es immer: Fasse dich kurz. Wird heute zu viel geredet?

Na ja, es wird heute schon ziemlich viel Kommunikationsmüll produziert. Ich muss immer lachen, wenn ich im Zug die Geschäftsmänner beobachte, die mit ihrer Sekretärin telefonieren, nach dem Motto: „Frau Meier, ich sitze hier im Zug. Prüfen Sie bitte mal, wohin ich fahre, was ich dort soll und wann ich wieder weg kann.“ Das ist die mobile Lebensform, auf die ich gern verzichte.

Wie werden wir künftig kommunizieren?

In Zukunft „telefonieren“ wir nicht mehr. Durch vernetzte, sprachgesteuerte Geräte sind wir „always on“, immer kommunikativ verbunden mit unserer Umwelt. Für den Einzelnen bedeutet das noch mehr als jetzt: Er muss sich selbst Grenzen setzen, um Raum und Zeit für das Private zu retten.

Miriam Meckel (38) ist Professorin für Kommunikationsmanagement an der Universität St. Gallen. Ihr Forschungsprojekt ist „Always on-Kultur“. Das Gespräch führte Corinna Visser.

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