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Wirtschaft: Der Euro kommt, die Arbeit beginnt

BERLIN .W.

BERLIN .W.Rupf: "Wir Unternehmer machen Geschäfte"

M.Neumann:"Den Euro finde ich nicht so wichtig"

Es liegt wohl in der Natur der Sache: Nur noch gut 180 Tage trennt die Bürger der EU vom Euro, und immer noch gehen die Meinungen über die Chancen und Risiken der Währungsunion stark auseinander.Auch die Wissenschaft kann sich von einem gewissen Unbehagen bei einem Blick in die Glaskugel nicht freisprechen.

Entsprechend vielschichtig geriet die Diskussion über den "Euro und die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion", Auftakt einer neuen Veranstaltungsreihe zu gesellschafts-, sozial- und wirtschaftspolitischen Themen, die von Tagesspiegel und FU getragen wird, am Mittwoch abend in der FU.Einig war sich das Podium immerhin darüber, daß der Euro den Strukturwandel beschleunigt, die Arbeit der Regierungen nun richtig beginnt und sich die Gemeinschaftswährung - trotz unübersehbarer Vorschußlorbeeren der Finanzmärkte - das Vertrauen erst noch verdienen muß.

Über den Euro und die Zukunft diskutierten - gemeinsam mit Tagesspiegel-Herausgeber Heik Afheldt - Manfred Neumann, Direktor des Instituts für Internationale Wirtschaftspolitik an der Uni Bonn, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beitrates des Bundeswirtschaftsministeriums und einer von 150 Professoren, die sich vehement für eine "geregelte Verschiebung" der Währungsunion eingesetzt haben, Professor Hajo Riese vom Institut für Wirtschaftspolitik und -geschichte an der FU, Klaus-Dieter Kühbacher, Präsident der Landeszentralbank Berlin-Brandenburg, und Wolfgang Rupf, Vorstandssprecher der Bankgesellschaft Berlin.

Eine Bewährungsprobe von drei Jahren stellt Neumann für den Euro in Aussicht.In dieser Zeit werde sich zeigen, ob die Regierungen den neuen Herausforderungen gewachsen seien und wirklich, wie es der Ex-Finanzminister aus Brandenburg, Kühbacher, formuliert, "ans Eingemachte gehen".Selbst der Landeszentralbanker mit dem SPD-Parteibuch ist der Überzeugung: "Wir sind in Europa im sozialen Bereich überversorgt." Soll heißen: Ohne radikale Reformen wird die Zukunft bitter.Grundsätzlich negative Folgen für den Arbeitsmarkt befürchtet Hajo Riese.Auch im Kreditgewerbe sind mit der gemeinsamen Währung nach Überzeugung von Bankchef Rupf weitere Zusammenschlüsse programmiert.

Die zentrale Frage aber lautet: Wieviel Wettbewerb wird in Euroland übrigbleiben, und wie stark werden die Harmonisierungszwänge insbesondere in der Steuer- und Lohnpolitik am Ende sein? Für Neumann ist es sonnenklar: Jegliche Harmonisierungspolitik ist prinzipiell schlecht und geht zu Lasten wirtschaftlicher Effizienz und Freiheit.Im Wettbewerb könne schließlich jeder sein optimales Standortpaket von Infrastruktur, Sozialversicherungsleistungen und Steuerbelastung wählen.Das setze allerdings auch Mobilität voraus.Neumann: "Die meisten merken das aber gar nicht.Die bleiben ja hier." Riese sieht das völlig anders: Eine einheitliche Stabilitätspolitik im weitesten Sinne ist für ihn nur eine logische Konsequenz der Währungsunion.Uneins, so Riese, könne man ernsthaft doch nur über den Grad der Harmonisierungspolitik sein.Für Riese gibt es grundsätzlich keine politikfreie Zone - das gelte auch für die Europäische Zentralbank.Entpolitisierte Geldpolitik ist für den gebürtigen Wiener "reine Romantik".Und in diesem Punkt ist sich Neumann mit seinem Kontrahenten beinahe schon wieder einig: "Wäre das anders, wäre mir mit Blick in die Zukunft wohler."

MARTINA OHM

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