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Wirtschaft: Der Fall Holzmann und das Tarifrecht

Der Fall Holzmann offenbart die Unfähigkeit des Tarifrechts, auf Krisen zu reagieren. Alle Akteure hüten sich, genau zu sagen, welche rechtliche Form die Abrede über Lohnkürzung und Arbeitszeitverlängerung haben soll.

Der Fall Holzmann offenbart die Unfähigkeit des Tarifrechts, auf Krisen zu reagieren. Alle Akteure hüten sich, genau zu sagen, welche rechtliche Form die Abrede über Lohnkürzung und Arbeitszeitverlängerung haben soll. Zunächst war die Rede von einem Haustarif. Dieser kann zwischen einem Unternehmen und einer Gewerkschaft abgeschlossen werden (wie beim Volkswagenwerk), aber nur dann, wenn das Unternehmen nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes ist. Holzmann ist aber Mitglied im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Auch die IG Bau hat sich schnell von der Idee verabschiedet, weil sie damit Holzmann Bedingungen eingeräumt hätte, die sie anderen verwehrt. Abmachungen zwischen einer Belegschaft und der Unternehmensleitung nennt man üblicherweise Betriebsvereinbarung. Der Holzmann-Vertrag ist der Form nach eine Betriebsvereinbarung. Das darf aber niemand zugeben, denn das Betriebsverfassungsgesetz (Paragraf 77 Abs. 3) verbietet Betriebsvereinbarungen über Themen, die üblicherweise von den Tarifpartnern geregelt werden (Lohnhöhe und Arbeitszeit). Auch eine Regelungsabrede - Individualverträge zwischen Mitarbeitern und Unternehmen - ist nach der neuesten Rechtssprechung des Bundesarbeitsgericht erschwert: Die Verbände können dagegen klagen; die IG Bau hat mehrfach damit gedroht. Die Aussetzung von Entgeltansprüchen halten Fachleute ebenfalls für nicht mit dem Tarifvertragsgesetz vereinbar. Geheilt werden kann das nur entweder durch Öffnungsklauseln der Tarifverträge, die allen Unternehmen prinzipiell anböten, eine Holzmann vergleichbare Regelung zu finden. Das wollen die Arbeitgeber jetzt erwirken. Die radikalere Lösung wäre die Selbstauflösung der Arbeitgeberverbände. Das ist - trotz der Erosion der Flächentarife am Bau - wenig realistisch.

ank

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