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Wirtschaft: Der Glaube an die Wende

Das neue Börsenjahr beginnt mit Kursgewinnen. Experten warnen jedoch vor zu viel Optimismus

Berlin - Ist das schon die Wende? Zum Auftakt des neuen Börsenjahres haben die Aktienmärkte am Freitag kräftig zugelegt und ihren positiven Trend bestätigt. Der Dax stieg um 3,4 Prozent auf 4973 Punkte – seit seinem Tief von 4127 Punkten Mitte November hat er damit mehr als 20 Prozent gewonnen.

Experten warnen jedoch vor zu großer Begeisterung. „Wir halten es für verfrüht, die jüngsten Kursgewinne schon als Wende zu betrachten“, sagt Thomas Grüner, Aktienstratege von der Landesbank Berlin (LBB). In den kommenden Wochen seien Rückschläge wahrscheinlich. „Der Fluss der schlechten Nachrichten reißt nicht ab“, sagt Grüner. „Gerade von den Unternehmen werden im ersten Quartal noch viele Hiobsbotschaften kommen.“ Auch die Weberbank geht pessimistisch ins neue Jahr. „Wir sehen 2009 als Krisenjahr“, sagt Aktienexperte Alexander Lukas. „Alle Indikatoren sind zuletzt schlechter ausgefallen als erwartet.“

Umstritten ist, wie groß die Rückschläge werden. Während etwa die Analysten der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) den Dax Ende Juni schon wieder bei 5900 Punkten sehen, sagt die Weberbank einen Absturz auf 3600 Punkte voraus. Auch eine Umfrage der DAB-Bank unter 54 unabhängigen Vermögensverwaltern dokumentiert die enorme Spannbreite der Prognosen. Für das erste Halbjahr reichen die Schätzungen für den Dax von 3200 bis 7000 Punkten. „Die Antworten spiegeln die Unsicherheit über die Zukunft der Märkte wider, die auch unter den Profis verbreitet ist“, sagt Josef Zellner von der DAB.

Für die Privatanleger ist die Lage mindestens ebenso schwierig. Sollen sie ihr Geld zusammenhalten, um weitere Verluste zu vermeiden, oder verpassen sie so wieder einmal die Erholung des Marktes, wie es den meisten schon in der letzten Krise passiert ist? Zwischen März 2002 und Juni 2007 hatte sich der Dax fast vervierfacht. Die meisten Privatanleger waren jedoch noch frustriert vom Crash der Jahre 2001 und 2002, von Aktien und Fonds wollten sie nichts mehr hören. Als die Kleinen dann doch wieder Mut fassten, hatten die Großen ihre Gewinne schon gemacht.

Die meisten professionellen Aktienstrategen erwarten im Laufe des Jahres 2009 die Wende zum Besseren. Historisch gesehen steigen die Kurse bereits etwa ein halbes Jahr, bevor die Konjunktur ihren Tiefpunkt erreicht hat. Doch wann das ist und wie stark die Wende ausfällt, ist umstritten. „Wir erwarten eine leichte Erholung für das zweite Halbjahr“, sagt LBB-Stratege Grüner. Die Jahresprognose für den Dax hat er auf 4900 bis 5000 Punkte gesetzt. Einen Sprung auf die alten Höchststände von mehr als 8000 Punkten traut er dem Dax weder in diesem noch im nächsten Jahr zu. Anlegern rät Grüner derzeit zur Vorsicht bei Aktien. „Wer einsteigen möchte, der sollte das sukzessive tun und nicht alles Geld auf einmal investieren.“ Weberbank-Experte Lukas empfiehlt einen genauen Blick auf Unternehmen und Branchen. „Defensive Branchen wie Pharma, Energie und Telekommunikation können auch in schwächeren Phasen gut abschneiden“, sagt er.

Seite 15 und Meinungsseite

Stefan Kaiser

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