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Lieber das Geld in der Hand. Die spanische Großbank BFA-Bankia musste wegen Zahlungsproblemen den Staat um Hilfe bitten. Foto: AFP

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Wirtschaft: Der Glaube schwindet

In Spanien wächst die Angst vor dem Griechenland-Virus – die Regierung bemüht sich um Optimismus.

Der Mann wirkt gehetzt. Seine Augen flackern unruhig. Nervös blickt Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy in die Runde, rattert noch schneller als üblich seine Beschwörungen herunter, dass das Krisenland Spanien nicht ohne Hoffnung sei. Dann rennt er zum Telefon, wo ein wichtiger Anruf wartet. Es herrschen hektische Zeiten für Spaniens Krisenmanager Rajoy, der angesichts immer neuer Brände nicht weiß, an welcher Front er zuerst löschen soll. Es wächst in der spanischen Regierung spürbar die Sorge, dass der Griechenland-Virus auch Spanien zu infizieren droht.

Gerade musste Rajoy die neueste Horrornachricht verdauen: Die Finanzmärkte entziehen Spaniens Banken zunehmend das Vertrauen. Die Bankenkrise verschärft sich, nachdem die Ratingagentur Moody’s die Kreditwürdigkeit von 16 spanischen Geldinstituten um bis zu drei Stufen herabstufte. Betroffen sind auch die Großbanken Santander, BBVA, Caixabank und die BFA-Bankia: Die Bankia musste erst vor wenigen Tagen vom Staat wegen Zahlungsproblemen gerettet werden. Die Bonität wird allgemein nur noch als mittelmäßig, bei einigen Geldhäusern als schlecht eingestuft. Zuvor hatte die Agentur Standard & Poor’s die Bankenbranche runtergestuft.

Hinzu kommt, dass der Zinssatz, den Spanien an den Märkten zahlen muss, sich auf gefährlicher Rekordhöhe einpendelt. Bis zu 6,5 Prozent verlangten die Anleger in den letzten Tagen für langfristige Staatsanleihen. Das ist nicht mehr weit von jener kritischen Sieben-Prozent-Schwelle entfernt, bei der Griechenland, Irland und Portugal um Hilfe rufen und um Notkredite des Euro-Rettungsfonds nachsuchen mussten. Angesichts des Bankendramas, immer neuer Löcher im Staatshaushalt und einer stürzenden Wirtschaft verliert das Ausland offenbar den Glauben, dass Spanien aus eigener Kraft aus der Krise kommt.

„Die Lage ist extrem kompliziert“, sagt Rajoy. „Es gibt ein ernstes Risiko, dass man uns kein Geld mehr leiht. Oder nur zu astronomischen Zinsen.“ Mit dem hohen Zinssatz werde es für Spanien „sehr schwierig, sich zu finanzieren“. Es ist die indirekte Warnung vor einer möglichen Staatspleite. Bei steigenden Zinsen wird die Aufnahme neuer Staatskredite, ohne die Spanien nicht überleben kann, teurer als gedacht – und die Defizitziele rücken in weite Ferne. Im Haushalt 2012 waren bisher schon 30 Milliarden Euro für die Kredittilgung eingeplant. Diese dürften nun nicht mehr ausreichen.

Ministerpräsident Rajoy verteidigte sein massives Anti-Krisen-Paket, mit dem er Spanien „aus dem Tief“ holen will. Erklärte jedoch zugleich, dass harte Kürzungen, Steuererhöhungen und Reformen „kurzfristig keinen Effekt haben werden“. Die Regierung hatte harte Einsparungen etwa bei den Ausgaben für Bildung, Gesundheit, soziale Leistungen und staatliche Infrastruktur beschlossen sowie zusätzlich Steuern angehoben.

Doch sogar in der EU-Zentrale wachsen Zweifel daran, dass Spaniens Reformkurs ausreicht, um die Katastrophe abzuwenden. Die jüngste Brüsseler Prognose sagt Spanien eine düstere Zukunft voraus: Demzufolge werde das Krisenland es nicht schaffen, sein Versprechen zur Schuldenreduzierung einzuhalten. Für 2013 wird immer noch ein Etatdefizit von 6,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) statt der zugesagten drei Prozent vorausgesagt. Der schnell wachsende Gesamtschuldenstand nähere sich 90 Prozent des BIP. Die Arbeitslosigkeit überspringe die 25-Prozent-Marke, weil die Wirtschaftskraft auch 2013 weiter schrumpfen werde. In der Überschrift der Wirtschaftsprognose fassten die EU-Experten ihre pessimistische Einschätzung zu Spanien in drei Worten zusammen: „Vor schwierigen Zeiten.“

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