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Wirtschaft: Der Handel jubelt mit den Fußballfans

Ob Trikots, Flaggen, Wimpel – das Geschäft mit WM-Artikeln läuft hervorragend. Längere Öffnungszeiten sind dagegen ein Flop

Berlin - Sein letztes gelbes Hemd hat Detlef Steffens am Donnerstag weggegeben. Das war der Tag, an dem die Schweden im Berliner Olympiastadion gegen Paraguay 1:0 gewinnen sollten. Zwei Tage vorher, da stand Brasilien gegen Kroatien auf dem Rasen, waren ihm bereits die grünen Fußballtrikots ausgegangen. „Das Lager ist leer“, sagt Steffens, der Chef von Galeria Kaufhof am Alexanderplatz, das Geschäft mit WM-Artikeln laufe „überraschend gut“. Die Fußballbegeisterten, sagt er, kauften im Moment alles, wenn es nur die richtige Farbe habe. Ob Originaltrikots für 85 Euro oder Billigkopien aus Fernost für zehn Euro, „der Preis ist völlig egal“, sagt Steffens.

Eine Woche nach dem Auftaktspiel der Fußball-WM sind die Verkäufer von Fanartikeln mit dem Geschäft mehr als zufrieden. An den vorübergehend verlängerten Öffnungszeiten liegt das nicht – nach Angaben des Handels werden sie von den Kunden bislang kaum genutzt.

„Es ist sehr, sehr erfreulich, was wir in den WM-Stores und in den Stadien verkaufen“, sagt Michael Scheibe, der Sprecher der Karstadt Warenhaus AG, ohne Umsatzzahlen zu nennen. Das Unternehmen, das vom Fußball-Weltverband Fifa die Exklusiv-Rechte für den Verkauf von Fanartikeln in Stadien und auf Fan-Meilen erworben hat, hat allein in der ersten Woche gut 200 000 Deutschland-Fahnen an den Fan gebracht. Aber nicht nur Flaggen, auch Nationaltrikots, vor allem die der deutschen Mannschaft, verkauften sich hervorragend. Von den schwarz-weißen Hemden setzte Karstadt mehr ab als von den Trikots aller anderen 31 WM-Nationen zusammen.

Eine offizielle Prognose darüber, wie viel Mehreinnahmen die WM dem Handelskonzern bringen könnte, gibt Karstadt nicht. Aus dem Umfeld heißt es aber, es werde ein Plus von 70 und 80 Millionen Euro erwartet. „Der Verkauf hängt stark vom deutschen Erfolg ab“, sagte Unternehmenssprecher Scheibe. Aus Sorge, im Fall des frühen Ausscheidens auf den Trikots und Wimpeln sitzenzubleiben, senken die ersten Händel schon jetzt vorsorglich die Preise. „Die Fanartikel sind zum Teil schon reduziert“, sagte Hubertus Pellengahr, der Sprecher des Handelsverbandes HDE.

Noch ist die Nachfrage aber so groß, dass die Hersteller von Fan-Artikeln mit der Produktion kaum hinterherkommen. In der Berliner Stoffdruckerei Fahnenfabrik, die große Flaggen für die Fifa, für Einkaufszentren und Hotels produziert, wird derzeit in Tag- und Nachtschichten an sieben Tagen in der Woche gearbeitet, wie Produktionsleiter Simon Schimming sagt. Zusätzlich zu den 65 festen Mitarbeitern hat der Betrieb aus Bukow zur WM 20 Näherinnen eingestellt. Das Werk produziere doppelt so viel wie zur letzten WM vor vier Jahren. „Alle wollen zur WM die Deutschland-Flagge zeigen“, sagt Schimming.

Während die Fans in den Stadien jubeln, herrscht in den Geschäften oft gähnende Leere. In der ersten Woche mit längeren Öffnungszeiten sei der Umsatz in den Innenstädten niedriger als erwartet gewesen, heißt es aus Unternehmenskreisen. Für eine Bewertung sei es aber noch zu früh, sagt HDE-Sprecher Pellengahr. Er bestätigt aber, dass die ersten Händler bereits überlegten, die Läden abends wieder früher zu schließen. „Wenn die Kunden ausbleiben, werden die Unternehmen ihre Öffnungszeiten einschränken“, sagte Pellengahr. „Es geht nicht um lange Öffnungszeiten um jeden Preis.“

Eine ungeahnt hohe Nachfrage verzeichnet dagegen die Bahn: „Unsere Sonderzüge sind sehr gut nachgefragt“, sagte ein Unternehmenssprecher dem Tagesspiegel am Sonntag. Teilweise seien die Züge schon allein durch die Reservierungen zu 90 Prozent belegt, dazu kämen die Spontanreisenden. Wenn die Nachfrage zu groß sei, würden zusätzliche Züge eingesetzt. „Wenn der Bahnsteig schwarz vor Menschen ist, dann versuchen wir natürlich, das hinzubekommen.“ Bisher seien im Fernverkehr acht zusätzliche Züge mit jeweils zwischen 700 und 880 Sitzplätzen auf die Gleise gesetzt worden, sechs weitere wurden verlängert – mit 350 bis 400 Plätzen extra. Mehr Beschwerden habe es trotz der Enge nicht gegeben. „In den Zügen herrscht gute Stimmung“, sagte der Sprecher. Die Kunden würden zusammen feiern.

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