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Wirtschaft: Der Imagewandel der behäbigen Schwergewichte. Analysten schätzen die Aktien der Giganten als sicheres Investment

Der Mann hat sich die Rente wirklich verdient. Wenn Jack Welsh im April 2001 in den Ruhestand geht, kann er auf eine beeindruckende Leistung zurückblicken.

Der Mann hat sich die Rente wirklich verdient. Wenn Jack Welsh im April 2001 in den Ruhestand geht, kann er auf eine beeindruckende Leistung zurückblicken. Den ehemals behäbigen Elektrokonzern General Electric (GE) machte er zu einem der größten und weltweit erfolgreichsten Technologiekonzerne. Hohe Rentabilität, flexibles Management und Innovationsbereitschaft lauten die Erfolgsrezepte.

Schon früh setzte der drahtige Manager auf das Internet. Das brachte Welsh nicht nur den Spitznamen "E-Jack" ein, sondern auch die Beteiligung an 45 vielversprechenden Internet-Gesellschaften. Traditionelle Geschäftsfelder wie etwa die Kühlschrankproduktion spielen eine eher untergeordnete Rolle: Mittlerweile stammt nahezu die Häfte des Gewinns von der Finanztochter GE Capital. General Electric ist typisch für die Jumbos der Börse. Die weltweit größten Unternehmen wollen los von ihrem Image, sie seien schwerfällig, innovationsfeindlich und als Aktieninvestment ähnlich spannend wie ein Sparbuch. Überall sind Sanierer wie Jack Welsh am Werk und machen aus schwerfälligen Börsengiganten renditestarke Global Player. Weg vom Gemischtwarenladen, Konzentration auf profitable Kerngeschäftsbereiche lautet das Motto.

Auch bei den Börsianern ist die Meinung über die Saurier der Börse mittlerweile ziemlich positiv. "Die großen Unternehmen sind für Anleger viel attraktiver geworden, weil sie an Flexibilität gewonnen und sich neue Geschäftsfelder erschlossen haben", sagt Gerhard Schwarz, Portfolio-Stratege bei der Hypo-Vereinsbank. "Es ist sicher immer noch eine gute Taktik, sich auf große Werte zu konzentrieren." Durch ihre Marktstellung sind sie weniger krisenanfällig als kleinere Unternehmen, die nur in einer Sparte tätig sind. Die Globalisierung der Märkte kommt ohnehin weltweit tätigen Gesellschaften zusätzlich entgegen. Was die Börsen-Jumbos außerdem für Anleger attraktiv macht, ist ihre Liquidität.

Große Liquidität sichert den Kurs

Ein Fondsmanager kann problemlos 100 000 Aktien des Daimler-Chrysler Konzerns kaufen, ohne dabei gleich einen starken Kurssprung zu provozieren. Auch bei einem Verkauf findet sich leichter ein Abnehmer als bei kleineren Werten, bei denen an manchen Tagen nicht mehr als 1000 Stück umgesetzt werden. Die große Liquidität sorgt außerdem für geringere Schwankungsbreiten im Kurs - die Aktien der Börsengiganten sind also ein verhältnismäßig sicheres Investment.

Für viele institutionelle Anleger ist der Kauf der Börsen-Elefanten auch deshalb Pflicht, weil sie mit ihren Fonds oft bestimmte große Indizes nachbilden müssen. Und da sind in der Regel die Werte mit der größten Kapitalisierung vertreten. Kommt ein Wert neu in einen Index hinein, bedeutet das für die Aktie einen Kursschub, weil professionelle Gesellschaften den Wert kaufen. Wer zu Jahresbeginn auf die Mega-Konzerne gesetzt hat, ist gut gefahren. So liegt General Electric 32 Prozent im Plus ebenso wie Chip-Gigant Intel. Handelsriese Wal-Mart verbuchte eine Steigerung von 42 Prozent. Um sogar 55 Prozent konnten Cisco Systems ihre Notierung erhöhen. Allein "Big Blue" IBM sieht mit einem Plus von zwei Prozent eher bescheiden aus.

Kleinere Titel legen stärker zu

Durch die starken Kurssteigerungen gelten die Aktien der Börsen-Jumbos zurzeit allerdings als teuer und kurzfristig als anfällig für Kurskorrekturen. "Anleger müssen sich ohnehin bewusst sein, dass sie für die Vorteile der Großunternehmen einen Aufpreis zahlen", sagt Thomas Teetz, Aktienstratege bei HSBC Trinkaus & Burkhardt. "Langfristig ist der Privatanleger bei den großen Blue Chips zwar gut aufgehoben, aber er sollte auch kleinere Werte zum Beispiel aus dem M-Dax nicht aus den Augen verlieren."

Kleinere Titel seien besonders wegen des zu erwartenden Konjunkturaufschwungs ein gutes Investment, weil sie in Boomphasen erfahrungsgemäß besonders starke Kurssteigerungen verzeichneten. Auch Daniel Stelter, Geschäftsführer bei der Boston Consulting Group, gibt zu bedenken, dass die Unternehmensriesen den Großteil ihrer Wertschöpfung schon hinter sich haben. "Entscheidend für den Anleger ist allerdings die zukünftige Weiterentwicklungsmöglichkeit."

Neugründungen seien unter diesem Aspekt natürlich spannender, wobei es schwierig sei, aus den vielen kleinen Startups die zukünftigen Microsofts auch herauszufinden. Bei der Entscheidung zwischen großen und kleinen Aktiengesellschaften sollten Anleger auch auf die entsprechende Branche achten. "Im Pharmasektor würde ich beispielsweise nur auf die Branchengrößen setzen", erklärt Aktienstratege Matthias Jörss von der BHF-Bank. "Die Forschung für neue Medikamente ist sehr teuer und lohnt sich daher nur, wenn das Unternehmen später große Mengen absetzen kann; das fällt jedoch weltweit tätigen Großunternehmen weitaus leichter als kleinen Betrieben."

Auch im Automobilbereich raten Analysten dazu, die großen Fahrzeughersteller den noch am Markt verbleibenden Zulieferern vorzuziehen. Anders sieht es im Maschinenbau aus. Die Branche ist ohnehin von Unternehmen geprägt, die jeweils in einem Spezialsegment zu den Marktführern zählen. "Hier würde ich im Augenblick auf kleinere Gesellschaften setzen, die attraktiv bewertet sind", sagt Jörss. Beispiele hierfür seien Klöckner und IWKA.

Holger Nacken

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