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Wirtschaft: Der Kampf der Börsen

Hedge-Fonds wendet sich von Frankfurt ab – Streit um Chefsessel-Angebot – Kritik an Merz

Frankfurt am Main - Der Deutschen Börse schwimmen beim Werben um die Vierländerbörse Euronext die Felle davon. Der Hedge-Fonds Atticus, mit neun Prozent größter Einzelaktionär von Euronext, hat sich hinter deren Chef Jean- Francois Theodore gestellt, der eine Fusion mit der New York Stock Exchange (Nyse) vorzieht. Die Deutsche Börse war am Donnerstag mit Abstand schwächster Wert im Dax und büßte – bereinigt um die Dividende von 2,10 Euro je Aktie – knapp zwei Prozent ein.

Die Haltung von Atticus ist auch deshalb wichtig, weil der Fonds außer an Euronext auch an der Deutschen Börse und der Nyse beteiligt ist. Bis vor kurzem hatte Atticus für eine Fusion von Frankfurt und Euronext geworben. „Wir unterstützen die Einschätzung von Euronext, welches Angebot am besten für die Aktionäre ist“, hieß es nun. Man gehe davon aus, dass das Management eventuelle weitere Angebote fair prüfe. Damit fordert Atticus die Deutsche Börse unverhohlen zu einem Bieterwettkampf auf. Sowohl die Deutsche Börse als auch die Nyse bieten eine Kombination von Aktien und Bargeld für Euronext. Der Wert der Offerten beläuft sich auf ungefähr acht Milliarden Euro.

Trotz der Ablehnung aus Paris hat die Deutsche Börse ihre Hoffnung auf eine Fusion mit Euronext nicht aufgegeben. Ein Zusammenschluss sei die „beste und vermutlich letzte Möglichkeit, ein europäisches Powerhouse zu schaffen“, sagte Aufsichtsratschef Kurt Viermetz bei der Hauptversammlung am Mittwoch.

Um die Fusion noch zu retten, hatte er Euronext vor einigen Tagen sogar angeboten, dass deren Chef Theodore bis 2008 als alleiniger Vorstandschef amtieren könne. Ursprünglich hatte die Deutsche Börse eine gemeinsame Führung von Frankfurts Börsenchef Reto Francioni und Theodore vorgeschlagen. Nach Informationen des Handelsblatts war der Vorstoß von Viermetz aber nicht mit allen Aufsichtsräten abgestimmt, was für Verstimmung sorgte. „So etwas darf nicht noch mal passieren“, sagte ein Aufsichtsratsmitglied. Doch selbst dieses neue Zugeständnis konnte Euronext bisher nicht umstimmen. Nach der Kehrtwende des Hedge-Fonds Atticus vom Mittwoch gilt es in Finanzkreisen nunmehr als wahrscheinlich, dass die Nyse den Zuschlag erhält.

Nach Einschätzung von Analysten hat die Deutsche Börse wohl nur noch eine Chance, wenn sie ihre Offerte erneut aufstockt. Francioni erweckte auf der Hauptversammlung aber den Eindruck, dass dies zumindest kurzfristig kein Thema ist. Bei einigen Aktionäre schimmerte die Sorge durch, Frankfurt könne bei einem eventuellen Bietergefecht mit der Nyse einen zu hohen Preis für Euronext zahlen. „Wir passen da schon auf“, beteuerte Francioni. Außer einen kostspieligen Bieterwettkampf fürchten die Börsenaktionäre zu große Zugeständnisse an Paris. „Wie wollen Sie verhindern, dass wir das gleiche Schicksal erleiden wie andere deutsche Unternehmen, die zunächst mit einem französischen Konzern ’unter Gleichen’ fusionierten, von denen aber heute nicht mehr viel übrig ist?“ fragte Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und spielte damit auf den Chemiekonzern Höchst an.

Kritisch kommentieren einige Aktionäre die Rolle des CDU-Politikers Friedrich Merz, der seit vergangenem Jahr dem Aufsichtsrat der Börse angehört. Zuvor hatte Merz als Anwalt ausgerechnet den Hedge-Fonds TCI beraten, der die Übernahme der London Stock Exchange (LSE) durch Francionis Vorgänger Werner Seifert torpediert hatte. Viermetz verteidigte Merz aber ausdrücklich gegen die Kritik. Es sei generell wünschenswert, wenn der Austausch zwischen Wirtschaft und Politik verbessert würde, sagte er.HB

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