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Zum Rapport: Der scheidende Bundesbankpräsident Axel Weber beim Betreten des Kanzleramts.

© dpa

Bundesbank: Der letzte Akt: Weber geht

Aus, vorbei: Bundesbankchef Axel Weber geht Ende April. Für die Nachfolge gibt es einige Anwärter.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Den Todesstoß, sagt einer in Berlin, der mit der Causa Axel Weber gut vertraut ist, den Todesstoß habe sich der Bundesbankpräsident schon vor zwei Tagen selbst versetzt. Am Freitag stupst der Regierungssprecher noch mal nach. Niemand solle sich Sorgen machen um die Stabilitätspolitik der Bundesbank, sagt Steffen Seibert: „Daran hat sich auch durch zwei Tage der Unklarheit nichts geändert.“ Ein Bundesbankchef, der mitten in einer Euro-Krise auch nur zehn Sekunden Unklarheit zulässt, hat seinen Job verfehlt. Auf zwei Tage steht Höchststrafe.

Vollzogen wird sie ab 15 Uhr im Kanzleramt, auch wenn die protokollarisch korrekte Version des Gesprächs lautet, Weber informiere Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble, Fachaufseher der Bundesbank, über seine Pläne. Um 16:36 Uhr jagen die Agenturen erste Eilmeldungen heraus: Weber tritt zum 30. April zurück, nach sieben Jahren an der Spitze der Notenbank und ein Jahr vor Ablauf der regulären Amtszeit. Merkel und Schäuble hätten die Entscheidung „mit Respekt für Professor Webers persönliche Gründe zur Kenntnis genommen“. Was Weber nun vorhat, bleibt weiter unklar. Damit nimmt eine Personalposse ein Ende, in der ein Bundesbankchef erst intern den Rückzug ankündigt, dann die Kanzlerin informiert, hastig vom Rückzug zurückzieht und danach erklärt, dass er vorerst nichts erklären werde. „Er war schon sehr entschlossen, nicht mehr weiter zu machen“, kommentiert einer aus der Regierung das Chaos.

Für Merkel ist der Vorgang gleich mehrfach problematisch. Erstens wirft dieser Abgang ein schräges Licht auf eine Kanzlerin, die derlei Eruption nicht verhindern konnte und zur Unklarheit beitrug. Zweitens braucht sie einen Nachfolger in Frankfurt. Drittens kriegt sie wohl keinen Deutschen mehr an die Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB).

Merkel hatte Weber noch um die Jahreswende zugesichert, dass sie ihn als Nachfolger des Franzosen Jean-Claude Trichet vorschlagen wolle. Ob Weber inzwischen den Eindruck bekommen hatte, dass die Zusage wenig wert war? Gründe dafür gäbe es. Der umstrittene deutsch-französische Plan für eine europäische Wirtschaftsregierung nach deutschem Stabilitätsverständnis hat die Neigung der übrigen Europäer kaum bestärkt, auf dem EZB-Posten auch noch einen Deutschen zu akzeptieren – zumal Weber sich klar gegen Trichets Politik gestellt hat, klammen Euro-Staaten mit dem Aufkauf von Staatsanleihen durch die Hintertür aus der Zinsklemme zu helfen.

Schäuble zog denn auch schon die Konsequenz, bevor Webers Rückzug amtlich war: „Deutschland hat nie erklärt, dass es auf einem deutschen Kandidaten besteht“, erklärte der Finanzminister. Vorrang hätten jetzt die inhaltlichen Reformen für die Eurozone: „Wenn das gelöst ist, dann werden wir uns mit der Frage des bestmöglichen Kandidaten beschäftigen.“ Formal hält das den Weg für einen deutschen Ersatzkandidaten offen. Politisch hätte der wenig Chancen.

Passenderweise stand Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde bei diesen Sätzen neben Schäuble. In Paris fanden sie die Idee Weber nie gut. „Quelle surprise!“, flötete Lagarde denn auch, als Journalisten sie beim Eintreffen in Berlin fragten, was sie vom Verzicht Webers auf eine EZB-Kandidatur halte – welche Überraschung! „Ich bin verblüfft!“ Dass sie vor allem entzückt war, hat sie vermutlich bloß vergessen zu erwähnen.

Bleibt die Frage nach dem Nachfolger an der Spitze der Bundesbank. Die soll nächste Woche fallen, hieß es. FDP-Chef Guido Westerwelle ist auf Auslandsreise, hat aber als Vizekanzler mitzureden. An Namen fehlt es in der Gerüchteküche nicht: Der Bundesbanker Andreas Dombret, zuständig für den Bereich Finanzstabilität, war schon als Vertreter Webers unterwegs. Der Chef des Euro-Rettungsschirms, Klaus Regling, hätte die Statur für den Job; ebenso der EZB-Chefvolkswirt und langjährige Finanzstaatssekretär Jürgen Stark.

Merkels Wirtschaftsberater Jens Weidmann kommt hingegen eher nicht infrage – ein direkter Wechsel an die Spitze vertrüge sich schwer mit der Unabhängigkeit der Bundesbank. Denkbar wäre höchstens ein Umweg: Weidmann geht für Bundesbankvize Franz-Christoph Zeitler nach Frankfurt – und der 62-jährige Augsburger Zeitler, der eigentlich im Mai ausscheidet, führt die Notenbank für eine Übergangszeit. Aber nach zwei Weber-Chaostagen könnte auch dies zu sehr nach Notlösung aussehen. Und Notlösungen beruhigen nervöse Märkte nicht.

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