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Wirtschaft: Der Matrose lässt es zischen

Ein Kultprodukt hat Geburtstag: Die Ahoj-Brause ist 80 Jahre alt geworden. Das Pulver ist angesagt wie nie

Berlin – Was haben Matrosen mit Brausepulver zu tun? „Nichts“, sagt Javier Millán, Marketingmanager bei Katjes. Was den Kaufmann Theodor Beltle, der vor 80 Jahren erstmals Natron, Weinsäure und Wasser zu Brauselimonade zusammenkippte, dazu trieb, ausgerechnet einen Matrosen auf seine Ahoj-Brausetütchen zu drucken, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. Aber eines steht fest: Der Matrose mit dem kecken Mützchen darf bleiben und den Siegeszug der Ahoj-Brause weiter begleiten.

Seitdem Katjes (siehe Kasten) den Brausehersteller Frigeo vor drei Jahren übernommen hat, geht es steil bergauf. Der Umsatz stieg um 56 Prozent auf 24 Millionen Euro, 100 Millionen Tüten Brausepulver laufen jährlich im schwäbischen Remshalden vom Band. Hinzu kommen noch Brausebrocken, Brausebonbons, Puffreis und – als Lizenzprodukte – Eis am Stiel und Wackelpudding. T-Shirts mit dem Matrosen verkaufen sich wie warme Semmeln, Szenegänger feiern „Ahoj-Partys“ und kippen „Wodka-“ oder „Absinth-Ahoj“: Brausepulver in den Mund schütten und mit dem Hochprozenter nachspülen. Der Hersteller sieht’s gern, unterstützt diesen Trend aber nicht aktiv. „Wir wenden uns vor allem an Kinder zwischen drei und zwölf“, sagt Marketingmanager Millán, „kurzfristige Trends sind für uns tabu.“ Denn: Wenn die Retro-Mode abebbt, soll die Frigeo-Brause weiter gefragt sein. „Die Marke hat Substanz“, meint Millán.

Eigentlich wollte Erfinder Beltle die Trockenbrause Wanderern verkaufen, die sich auf ihren Ausflügen mit Wasser aus dem Gebirgsbach selbst Limonade mixen sollten. 1965 schaffte es das Pulver bis auf den Himalaya als Proviant einer deutschen Bergsteiger-Expedition. Auch als Fitnessgetränk für Autofahrer und Arbeiter wurde der Brauseextrakt angepriesen. In Grass’ „Blechtrommel“ kommt die Ahoj-Brause sogar zu literarischen Ehren, wenn Oskar Matzerath seiner Maria das Brausepulver aus dem Bauchnabel schleckt. Die Tradition schützte aber nicht vor Turbulenzen: Die Friedel-Frigeo-Gruppe, zu der auch die Brauseproduzentin Frigeo Werke Beltle GmbH & Co. gehörte, musste nach erheblichen Verlusten in der Schokoladensparte Insolvenz anmelden, obwohl die Brausefirma profitabel arbeitete. Der Emmericher Süßwarenproduzent Katjes griff zu und übernahm zum 1. Juli 2002 Frigeo und die Traditionsmarke Ahoj.

„Wir mussten uns erst einmal an die neue Marke gewöhnen“, sagt Javier Millán. Dann entschloss man sich, alles beim Alten zu lassen. „Die Marke steht für Tradition und Vertrauen“, meint der Marketingmanager. Auch die Art und Weise, wie man die Brause genießt, ist seit Generationen unverändert: Packung aufreißen, Spucke auf den Finger, Finger rein und lutschen.

Dass die Brause so angesagt ist, liegt auch an den Werbespots. 1,8 Millionen Euro lässt sich Katjes die TV-Spots kosten, in denen Hape Kerkeling als Königin Beatrix, Queen Elisabeth oder Fidel Castro Ahoj-Brause zischt. Die Werbung sei goldrichtig, meint Carolin Zapf von der Organisation Werbetreibende im Markenverband: „Ahoj ist eine gute Marke, die aber in Vergessenheit geraten war.“ Heute ist die Brause angesagt wie nie. Produziert wird sie ausschließlich in Deutschland – 70 Jobs hängen an Ahoj. Dass sich auch die Mitarbeiter regelmäßig ein Tütchen genehmigen, wird bei Katjes gern gesehen. In Maßen genossen, kann die natriumhaltige Brause nämlich durchaus gesundheitsdienlich sein. „Ein bis zwei Tütchen helfen gegen Sodbrennen“, weiß Millán. Ein guter Tipp für den Morgen nach der Ahoj-Party.

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