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Wirtschaft: Der Meisterbrief scheint gerettet

DÜSSELDORF .Der Meisterbrief, ein deutsches Gütesiegel mit jahrzehntelanger Tradition, ist mal wieder in die Kritik geraten.

DÜSSELDORF .Der Meisterbrief, ein deutsches Gütesiegel mit jahrzehntelanger Tradition, ist mal wieder in die Kritik geraten.Als Jobkiller.Als Schutzzaun gegen unliebsame Konkurrenz.Als Eingriff in die Gewerbefreiheit.Dieser Ansicht ist offenbar der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Hans Martin Bury.Der hatte erst vor wenigen Tagen in Zusammenhang mit möglichen Maßnahmen zur Stärkung des Mittelstands erklärt, die Selbständigkeit im Handwerk künftig unter Umständen auch ohne Meisterbrief zu ermöglichen, "wenn der Betroffene entsprechende Erfahrungen und Kenntnisse nachweisen könne".

Mit dieser Aussage liegt Bury nahe an der Position der Grünen, die den Meisterbrief schon seit einiger Zeit heftig kritisieren.Kein Wunder, daß im Bonner Hauptquartier des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), der die Meisterprüfung als Garantie für Qualität im Handwerk so zäh verteidigt wie keine zweite Errungenschaft, die Alarmglocken schrillten.Hatte sich mit Burys Äußerung endgültig die gesamte Regierungskoalition gegen den Meisterbrief verschworen? fragten sich die Handwerkslobbyisten besorgt.

Doch jetzt kann der ZDH vorerst aufatmen.Kanzleramtsminister Bodo Hombach hat die Meisterprüfung in einem Papier, das dem "Handelsblatt" vorliegt, vehement verteidigt."Ich teile nicht die Auffassung, die gelegentlich geäußert wird, daß die Meisterprüfung Wettbewerb und Innovation behindere und letztlich der Schaffung neuer Arbeitsplätze im Wege stehe", schreibt der Minister.So weit, so gut.Bleibt die Frage, ob der hohe Qualitätsstandard möglicherweise dadurch erkauft wird, daß neue Wettbewerber und damit auch neue Ideen und Innovationen außen vor bleiben? Auch diesem oft vorgetragenen Kritikpunkt an der Meisterprüfung widerspricht Hombach energisch und zitiert als Beleg eine neue Untersuchung des Rheinisch-Westfälischen Instituts (RWI) für Wirtschaftsforschung in Essen.Danach ist Deutschland das Land mit den meisten Existenzgründungen im handwerklichen Bereich innerhalb der Europäischen Union.In Relation zur Zahl der Betriebe würden sich hierzulande im Handwerk mehr als doppelt soviele Menschen selbständig machen wie im europäischen Durchschnitt - also mehr als in den Ländern, die eine Meisterprüfung nicht kennen.

Die ZDH-Spitze hatte in der vergangenen Woche selbst noch einmal den Versuch unternommen, die neue Bonner Regierung zu beeinflussen: So hatte der ZDH mitgeteilt, daß das Handwerk seit Mitte der 80er Jahre rund zwei Millionen neue Arbeitsplätze, davon 1,2 Millionen in den alten Bundesländern geschaffen habe.Zudem hätten die fast 850 000 Handwerksbetriebe in Deutschland, die insgesamt einen Umsatz von 1000 Mrd.DM erzielen, allein im vergangenen Jahr über 630 000 Lehrlinge ausgebildet.

PETER BRORS (HB)

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