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Wirtschaft: Der neue Kandidat findet nicht sofort Beifall - Paris will vorher diskutieren

Washington, Porto, Hannover - wenn jemals die Geschichte einer erfolgreichen Kandidatenkür eines IWF-Chefs Horst Köhler geschrieben werden sollte, dann müssten viele Orte darin vorkommen. Das Debakel, das Kanzler Schröder mit seinem ursprünglichen Wunschkandidaten, dem Finanz-Staatssekretär Caio Koch-Weser, bei US-Präsident Bill Clinton und den Europäern erlebt hat, soll sich kein zweites Mal wiederholen.

Washington, Porto, Hannover - wenn jemals die Geschichte einer erfolgreichen Kandidatenkür eines IWF-Chefs Horst Köhler geschrieben werden sollte, dann müssten viele Orte darin vorkommen. Das Debakel, das Kanzler Schröder mit seinem ursprünglichen Wunschkandidaten, dem Finanz-Staatssekretär Caio Koch-Weser, bei US-Präsident Bill Clinton und den Europäern erlebt hat, soll sich kein zweites Mal wiederholen. Also lautet "Abstimmung" das Gebot der Stunde, und die hat an vielen Orten stattgefunden. Zuletzt traf sich Schröder am Montag mit EU-Kommissionspräsident Romano Prodi zum Abendessen in Hannover, um über die strittige Personalie zu sprechen.

Nach Paris ist Schröder allerdings nicht gereist, um dem französischen Präsidenten Jacques Chirac eine Kandidatur Köhlers schmackhaft zu machen. Eine Sprecherin des Pariser Finanzministeriums dementiert jedenfalls das Gerücht, der Kanzler sei am vergangenen Wochenende an der Seine gewesen, um die vor allem zwischen Deutschen und Franzosen umstrittene IWF-Kandidatur "einzutüten". Auch auf die überraschende Nachricht, der Kandidat für den Posten heiße nun Köhler und nicht mehr Koch-Weser, reagierte die französische Regierung am Dienstag zunächst zurückhaltend. Das Pariser Finanzministerium verwies darauf, dass sich zunächst einmal die EU-Finanzminister am kommenden Montag in Brüssel mit dem Vorschlag, Köhler zum IWF-Chef zu machen, befassen müssen. Gleichzeitig wird in Paris eine breite Diskussion über den IWF-Chefposten angemahnt.

Im Dauer-Streit um die europäische Besetzung des Chefpostens in Washington geht es nicht nur um ein transatlantisches Kräftemessen zwischen Europäern und den USA. Das langwierige Kandidaten-Raten strapaziert inzwischen auch das Verhältnis zwischen Berlin und Paris. Zwar weisen französische Diplomaten darauf hin, dass es eine Missachtung der kleineren EU-Partner darstellen würde, wenn jede wichtige Entscheidung auf europäischer Ebene nach altem Muster von einer grundsätzlichen Übereinstimmung zwischen Deutschland und Frankreich abhängen würde. Aber dass sich Schröder auf der Suche nach Alternativen in der vergangenen Woche zunächst einmal an Clinton wandte, bevor er sich erneut mit den EU-Partnern absprach - das hat nicht nur in Paris, sondern auch in London für Verstimmung gesorgt.

Und so geht das Kandidatenraten munter weiter: Schon am Wochenende war der Name des Briten Andrew Crocket, des Chefs der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel, ins Gespräch gebracht worden. Am Dienstag lobte Italiens Außeminister Lamberto Dini seinen römischen Kollegen im Finanzressort, Giuliano Amato.

Wie lange die Kandidatenkür noch dauert? In Paris ist vorsorglich schon einmal darauf hingewiesen worden, dass unbesetzte Posten an der Spitze internationaler Finanzinstitutionen kein Novum sind. Schließlich war auch der Chefsessel der Londoner Osteuropa-Bank acht Monate lang unbesetzt, bevor Horst Köhler dort im September 1998 Platz nahm.

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