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Wirtschaft: Der neue Präsident soll das Profil des DIW schärfen

Der Wechsel an der Spitze des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) rückt näher.Ende dieser Woche präsentieren sich im Ludwig-Erhard-Haus die fünf Kandidaten, die es bis zur letzten Runde im Wettlauf um den Präsidentenposten geschafft haben.

Der Wechsel an der Spitze des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) rückt näher.Ende dieser Woche präsentieren sich im Ludwig-Erhard-Haus die fünf Kandidaten, die es bis zur letzten Runde im Wettlauf um den Präsidentenposten geschafft haben.Mit Zustimmung der Berufungs-Kommission unter Leitung von Banker Wolfgang Rupf und Edzard Reuter und mit dem Einverständnis der Belegschaft soll der Neue auf den Chefsessel gehievt werden.Lutz Hoffmann, fünfter Präsident des Insituts, das 1925 von Ernst Wagemann, dem Präsidenten des Statistischen Reichsamtes, gegründet wurde, winkte frühzeitig ab.Der Stabwechsel folgt zum 1.Oktober.

Der markige Hans-Jürgen Krupp war es, der im Wendejahr 1989 nach zehn Präsidenten-Jahren in Berlin Lutz Hoffmann Platz machte.Der Sozialdemokrat Krupp wechselte nach Hamburg; zunächst in die Politik und dann zur Landeszentralbank.Mit Hoffmann, der von der Unctad in Genf als Direktor für Handel und Entwicklung an die Spree kam, erhielten die Berliner einen betont zurückhaltenden Chef.Den öffentlichen Auftritt überließ der Professor gern schon mal anderen.In der Folge gab weniger der politisch unabhängige Hoffmann als vielmehr sein Abteilungsleiter für Konjunkturfragen, Heiner Flassbeck, den Ton an.Auffällig wurde das als Flassbeck, heute Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, im Nebenjob zum Berater von Oskar Lafontaine avancierte.Zwar umweht das Institut, das im Chor der sechs Gemeinschaftsgutachter regelmäßig mit - meist arbeitnehmerfreundlichen - Minderheitsvoten von sich Reden macht, nach wie vor der Hauch linker Nostalgie.Doch politischer Ehrgeiz verträgt sich mit wissenschaftlicher Forschung nur selten.Die Irritationen sind geblieben.Interne Diskussionen und der vom Wissenschaftsrat verordnete strikte Sparkurs haben Spuren hinterlassen.Dort, wo langjährige Mitarbeiter in den Ruhestand gingen, blieben die Arbeitsplätze zuletzt oft unbesetzt.Wie aber ohne Nachwuchs die Zukunft sichern?

Schwierige Zeiten erfordern jetzt schlagkräftige Konzepte und wissenschaftliche Reputation.Der Neue muß nicht nur mit spitzem Bleistift rechnen, das Budget fest im Griff haben und Aufträge akquirieren.Er muß vor allem - so will es auch der Wissenschaftsrat - dem Haus zu deutlicherem Profil verhelfen.Immerhin: das DIW soll sich an die Spitze der Bewegung setzen und das heißt nichts anderes, als dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) unter Leitung des Sachverständigen Horst Siebert Paroli bieten.Schwer vorstellbar, daß die Berliner so ihrer Tradition verbunden bleiben und auch in Zukunft eher mit nachfrageorientierten Denkmodellen von sich reden machen.

Ob eher links oder ab durch die Neue Mitte nach irgendwo - der Präsident muß zunächst und vor allem eins sein: ein Wissenschaftler mit ausgeprägten Managementfähigkeiten.Nach neuer Satzung eindeutig mit mehr Kompetenzen ausgestattet, soll der Chef nicht nur nach innen, sondern gleichermaßen nach außen wirken - auch als Ordinarius an einer der drei Berliner Universitäten.Überparteilichkeit wird da selbstredend großgeschrieben.Im übrigen beschränkt sich die Findungskommission auf Selbstverständlichkeiten: internationale Reputation, klare makro-ökonomische Ausrichtung, Darstellungsvermögen und nicht zuletzt Organisationstalent.Auch die Belegschaft legt nicht nur wert auf eine kooperative Leitung.Die Basis, die weder einen Hardliner noch einen reinen Theoretiker will und sich Offenheit für die institutsinterne Richtung wünscht, plädiert vor allem für eine fähige Außendarstellung - nicht zuletzt im Umgang mit der Presse.Entsprechend dürfen die zum Endspurt angetretenen Kandidaten nicht nur einen halbstündigen Vortrag über ein Thema ihrer Wahl halten, sondern müssen zusätzlich eine Viertelstunde über die Perspektiven des DIW parlieren.

Unter den fünf Kandidaten gilt Frieder Meyer-Krahmer (49) als ein Favorit.Nicht nur, weil er Berlin und das DIW aus eigener Anschauung bereits kennt.Zwischen 1986 und 1990 betreute er im DIW die Industrie- und Technologieabteilung.Heute leitet Meyer-Krahmer das Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung in Karlsruhe.Und seitdem er über das Zusammenspiel von ökonomischer Leistungsfähigkeit, sozialen Zusammenhalt und Ökologie sinnierte, taucht sein Name auf, wo immer über die Zukunft der Gesellschaft debattiert wird.Sein Etikett: Zukunftsforscher mit sozialer Note.

Noch enger als Meyer-Krahmer ist Gert Wagner mit dem DIW verbunden.Der 46jährige Ökonom, der zwischen 1992 und 1997 an der Ruhr-Uni Bochum tätig war, machte sich als Leiter des Sozio-ökonomischen Panels beim DIW einen Namen.Gleichzeitig arbeitet er auch als Professor an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder); Schwerpunkt empirische Wirtschaftsforschung und Wirtschaftspolitik.Wagner, zu dessen Spezialgebiet der Arbeitsmarkt, die soziale Sicherung und die Verteilungsökonomie zählen, will in Berlin über die soziale Sicherung im Spannungsfeld von Demographie und Arbeitsmarkt sprechen.Platzen die DIW-Träume, heißt seine Alternative: die Cornell-University in den USA.

Einer breiteren Öffentlichkeit ist der 44jährige Peter Bofinger bekannt.Der Volkswirtschaftler arbeitet an der Uni Würzburg - Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, Geld und internationale Wirtschaftsbeziehungen - und machte sich im Sommer 1997 als überzeugter Euro-Befürworter einen Namen.Gemeinsam mit Lutz Hoffmann und einer Schar von Professoren stritt Bofinger - als Antwort auf eine Anti-Euro-Kampagne der Volkswirtin Renate Ohr - für die termingerechte Einführung der Gemeinschaftswährung.Bofinger gilt außerdem als engagierter Kämpfer für die Osterweiterung der EU.Sein Vortrag dreht sich allerdings um ein anderes Thema: Probleme und Scheinprobleme der Alterssicherung in Deutschland.Seine Botschaft: Die Renten sind sicher.Als Rentenexperte, der für einen konsequenten Umbau des Rentensystems plädiert, präsentiert sich dagegen Axel Börsch-Supan, Jahrgang 1954, von der Uni Mannheim.Sein Referat trägt den Titel "Anreizeffekte auf Kapital- und Arbeitsmärkten: Mikro- und Makroperspektiven." Insbesondere das Sparverhalten der Haushalte hat Börsch-Supan unter die Lupe genommen.Sein Ansatz: das Geschäft der Politikberatung auf Vordermann bringen.

Fünfter Kandidat ist der 49jährige Österreicher Robert Holzmann, seit 1992 als Professor für Volkswirtschaftslehre, Internationale und Europäische Wirtschaft am Europa-Institut der Uni Saarbrücken tätig.1997 wurde Holzmann allerdings vorübergehend an die Weltbank - als Direktor des Board for Human Development and Social Protection - nach Washington ausgeliehen.Er studierte unter anderem in Graz, promovierte und lehrte in Wien.Internationationale Erfahrungen sammelte Holzmann in den 70er Jahren bei der OECD in Paris und dem IWF in Washington.Finanzwissenschaften und Außenwirtschaft gehören zu einen Arbeitsschwerpunkten.Zuletzt beschäftigte er sich auch intensiv mit Maastricht.Seinen Vortrag hält Holzmann zum Thema "Soziale Sicherheit als soziales Risikomanagement".

MARTINA OHM

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