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Wirtschaft: Des Widerspenstigen Abgang

Chefwechsel bei Hochtief: Hermann Lütkestratkötter muss gehen

Berlin - Dr. Lü hat die Schlacht verloren. Monatelang kämpfte Hermann Lütkestratkötter, Chef des größten deutschen Baukonzerns Hochtief, gegen die Übernahme durch den spanischen Konkurrenten ACS. Inzwischen halten die Spanier nach eigenen Angaben knapp über 40 Prozent an Hochtief und „Dr. Lü“, wie der unbequeme Mann mit dem sperrigen Namen oft genannt wird, verlässt das Unternehmen. „Man kann es zwangsläufig nicht allen recht machen“, erklärte Lütkestratkötter am Montag. Ein Vorstandschef müsse das Vertrauen aller Aktionäre haben.

Das hatte er nicht mehr. Anders als Vorstandskollege Frank Stieler: Er habe die „volle Unterstützung und unser volles Vertrauen“, erklärte ACS nach der Berufung Stielers zum neuen Hochtief-Chef durch den Aufsichtsrat. Der 52-jährige Jurist ist seit Anfang 2009 bei dem Unternehmen. Bisher leitete er erfolgreich den neu geschaffenen Bereich Hochtief Europa, zu dem 15 000 Mitarbeiter und auch das Geschäft in Deutschland gehören. Der Wechsel soll bereits nach dem Ende der Hochtief-Hauptversammlung am 12. Mai stattfinden. Der 60-jährige Lütkestratkötter erhält eine Abfindung von gut vier Millionen Euro.

Dass ACS-Chef Florentino Perez, auch bekannt als Präsident des Fußball-Vereins Real Madrid, den als freundlich und umgänglich geltenden Stieler dem widerspenstigen Lütkestratkötter vorzieht, sei nicht weiter verwunderlich, meint Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): „Im Gegensatz zu anderen Vorständen hat Stieler nichts dafür getan, als Kämpfer gegen ACS wahrgenommen zu werden“, sagt Tüngler. Der Anlegerschützer fürchtet, dass die hochverschuldeten Spanier den deutschen Baukonzern schwächen werden.

Zum plötzlichen Führungswechsel dürften aber auch die aktuell schlechten Geschäfte beigetragen haben: Hochtief rechnet in diesem Jahr nur noch mit einem Vorsteuergewinn, der etwa halb so hoch wie im Vorjahr ausfällt. Zudem müssen die Essener ihre Gewinnziele senken. Grund dafür sind Probleme mit der australischen Tochter Leighton, bislang einer der Gewinnbringer von Hochtief. Für das im Juni ablaufende Geschäftsjahr prognostiziert Leighton einen Verlust von 312 Millionen Euro. Die Australier kämpfen unter anderem mit Verspätungen und Kostenexplosionen beim Bau einer Entsalzungsanlage in Melbourne. Leighton will jetzt frisches Kapital einsammeln. Lütkestratkötter kündigte an, dass sich Hochtief in vollem Umfang an der Kapitalerhöhung beteiligen werde. Die Kosten bezifferte er auf rund 298 Millionen Euro.

Als Reaktion auf die Nachrichten brach die Hochtief-Aktie am Montag ein. Bis zum Abend verlor sie mehr als neun Prozent. ACS kommt das zugute: Wenn der Aktienkurs sinkt, wird die Übernahme weiterer Anteile günstiger. Perez sammelt trotz des bislang erbitterten Widerstands von Hochtief weiter Aktien ein und will bis Mitte des Jahres über die 50-Prozent-Schwelle kommen. Spätestens dann dürfte jeder Widerstand gebrochen sein. Miriam Schröder

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