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Royaler Gast. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit begrüßte König Abdallah von Saudi-Arabien in Berlin. Foto: ddp

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Wirtschaft: Deutsch- Arabische Freundschaft

Wirtschaftsvertreter tagen in Berlin

Berlin - Saudi-Arabien ist nicht Tunesien, Ägypten nicht Jordanien. Eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit – und dennoch sah sich Thomas Bach am Freitag zu einem eindringlichen Appell genötigt. „Wir müssen die arabischen Länder individuell betrachten“, sagte der Präsident der arabisch-deutschen Handelskammer Ghorfa am Donnerstag zum Auftakt des 14. Deutsch-Arabischen Wirtschaftsforums in Berlin. Rund 600 Gäste aus 27 Ländern diskutieren bis zum heutigen Freitagnachmittag am Potsdamer Platz aktuelle Themen der deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen.

Natürlich bilden dabei auch Auswirkungen der politischen Veränderungen in einigen Ländern der arabischen Welt ein zentrales Thema – aber eben nicht nur. Der politische Transformationsprozess in Ländern wie Ägypten und Tunesien bietet große Möglichkeiten zur Verbesserung der Beziehungen mit Deutschland, gerade in wirtschaftlicher Hinsicht, betonte Thomas Bach. Allerdings dürfe man dabei die anderen Länder der Region nicht aus den Augen verlieren. „Im Irak hat die deutsche Wirtschaft Nachholbedarf, andere Länder sind da viel weiter“, sagte der Ghorfa-Präsident. Dabei suche gerade der Irak händeringend nach deutschen Firmen. „Wir dürfen auch diese Chancen nicht vernachlässigen.“

So unterschiedlich die Voraussetzungen und so groß die gesellschaftlichen Unterschiede der einzelnen Länder auch sind, gemeinsam hatten sie in den vergangenen Jahren ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum, das der Internationale Währungsfonds für dieses Jahr auf durchschnittlich fünf Prozent schätzt. Das Handelsvolumen zwischen Deutschland und den 22 Staaten der arabischen Liga ist im Vorjahr um mehr als 16 Prozent auf knapp 39 Milliarden Euro gestiegen. Die deutschen Exporte stiegen sogar um 17 Prozent. Einen großen Anteil daran hat Saudi-Arabien. Insgesamt wurden hier im vergangenen Jahr Projekte im Wert von 661 Milliarden US-Dollar realisiert, erstmals mehr als in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Für dieses Jahr wird ein Wirtschaftswachstum von 7,1 Prozent erwartet. „Wir laden deutsche Firmen ein, daran teilzuhaben“, sagt Abdullah A. al Majdouie, Leiter einer zwanzigköpfigen Wirtschaftsdelegation, die schon seit zwei Wochen in Deutschland ist.

60 Prozent der Saudis sind unter 20 Jahren alt, der Golfstaat hat ein Bevölkerungswachstum von drei Prozent. Deswegen, erklärt al Majdouie, müssten allein jedes Jahr 200 000 Häuser neu gebaut werden. Außerdem gebe es großen Investitionsbedarf im Bereich Infrastruktur. Mehrere tausend Kilometer Schienen sollen in den kommenden Jahren verlegt werden, außerdem sollen in den großen Städten U-Bahnen entstehen. „Die Hauptstadt Riad braucht unbedingt eine Metro“, sagt al Majdouie. Insgesamt ist es ein gigantisches Projekt mit einem Investitionsvolumen von 30 Milliarden Euro, an dem auch die Deutsche Bahn beteiligt sein wird. Deswegen war die Delegation in der vergangenen Woche auch bei Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) zu Gast.

Bei solchen Projekten wollen deutsche Firmen auch in Zukunft mitmischen. Die Marke „Made in Germany“ sei in arabischen Ländern sehr beliebt, sagte der libanesische Vizepräsident der Ghorfa, Ali M. Thunyan al Ghanim. „Es herrschen großer Respekt und Vertrauen.“ Vor allem im Ingenieurswesen, aber auch in Medizintechnik und Umwelttechnologie wollen die arabischen Staaten vom deutschen Know-how profitieren. Und das gilt für Saudi-Arabien ebenso wie für Tunesien, Ägypten und Jordanien. Anke Myrrhe

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