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Wirtschaft: Deutsche Bahn auf Einkaufstour

Konzern kauft Bombardier-Züge für mehr als eine Milliarde Euro – davon könnte auch das Werk Hennigsdorf profitieren

Berlin - Die Deutsche Bahn kauft für gut eine Milliarde Euro mehr als 300 neue Regionalverkehrszüge beim Hersteller Bombardier Transportation. Davon würden alle sechs deutschen Werke profitieren, hieß es bei dem kanadischen Unternehmen – also auch das Werk Hennigsdorf nördlich von Berlin. Außerdem will der Staatskonzern seine Intercity-Flotte modernisieren und dafür in den nächsten Jahren rund 400 Triebzüge anschaffen, wie Bahnchef Hartmut Mehdorn am Freitag in Berlin ankündigte.

Bei dem Auftrag für Bombardier handelt es sich um einen der größten, den die Bahn je vergeben hat. Die Züge vom Typ „Talent 2“ sollen ab 2009 ausgeliefert werden und zusammen mit den Doppelstockzügen das Rückgrat des Nahverkehrs der Bahn bilden. Wie die Arbeit auf die Bombardier-Fabriken verteilt wird, werde sich in den kommenden Wochen klären, hieß es. Für die Sicherung der Arbeitsplätze sei der Auftrag „von größter Bedeutung“, sagte Bombardier-Deutschlandchef Klaus Baur. In Hennigsdorf arbeiten rund 1800 Beschäftigte. Bisher werden Züge vom Typ „Talent“ in Aachen hergestellt. Bei dem Produkt für die Bahn handele es sich aber um eine Neuentwicklung, hieß es bei Bombardier.

Die Bestellung ist Teil einer umfassenden Flottenmodernisierung. Im Fernverkehr wolle man die bisherigen IC-Züge durch neue Triebzüge ersetzen, die den ICE-Zügen ähnelten, aber nicht ganz so schnell seien, sagte Mehdorn. Die alten, lokbespannten IC-Züge seien zwar modernisiert worden, müssten in den kommenden zehn bis zwölf Jahren aber ausgetauscht werden. Auch im Güterbereich plant der Konzern, neue Waggons anzuschaffen – allein 1000 für den Containertransport, weitere sollen für die Chemie- und für die Autobranche hinzukommen.

Dies ist auch eine Folge der gut laufenden Geschäfte im Güterverkehr. Diese Bahnsparte habe im vergangenen Jahr um 10,5 Prozent zugelegt. „Solche Zuwachsraten hat die Schiene seit 25 Jahren nicht erlebt“, berichtete Mehdorn. Das Passagieraufkommen stieg derweil um knapp vier Prozent auf 1,85 Milliarden Menschen, auch dank der Fußball-WM. Vor Steuern und Zinsen habe das Unternehmen „circa zwei Milliarden Euro“ verdient. Im Vorjahr waren es 1,35 Milliarden. Mehdorn sprach von einem „Rekordjahr“, man habe „viel besser als geplant“ abgeschnitten. Die Zuverlässigkeit der Züge im Nah- und Fernverkehr ging gleichwohl zurück und sei um 0,8 Punkte auf rund 94 Prozent gesunken. Als pünktlich wertet die Bahn Züge, die maximal fünf Minuten zu spät ankommen. Der Manager begründete dies mit dem langen Winter 2005/2006 und der Fußball-WM, während der Bauarbeiten im ganzen Land nicht möglich gewesen seien.

Für neue Investitionen in die Schiene verlangt die Bahn mehr Geld vom Staat. Für 2007 seien 3,1 Milliarden Euro Bundesmittel vorgesehen, davon 2,5 Milliarden für Bestands- und Ersatzinvestitionen. Nur 600 Millionen stünden für Neuinvestitionen bereit, das Geld sei aber schon für laufende Projekte verplant. Die Bahn müsse Engstellen an Knotenpunkten wie in Frankfurt am Main, Köln und Mannheim beseitigen, sagte Mehdorn.

Den Schaden durch den Orkan „Kyrill“ bezifferte er auf etwa 50 Millionen Euro. Die Bahn-Beschäftigten hätten alles getan, um die Lage zu bewältigen. „Wir hätten in dieser Nacht wirklich nicht besser sein können“, beteuerte Mehdorn. Er räumte aber ein, dass es Defizite bei der Kundeninformation gegeben habe. Statt den Wartenden ohne genaue Information Hoffnungen zu machen, sollten die Beschäftigten auf den Bahnhöfen künftig zugeben, „dass wir nicht wissen, was wir ihnen sagen können“.

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