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Deutsche Bahn: Die Marke Mehdorn

Der Aufsichtsrat verlängert den Vertrag des Bahnchefs - bis mindestens 2010. Mehdorn hat dem Unternehmen seinen Stempel aufgedrückt wie kaum ein anderer. Sein Meisterstück steht noch aus.

Berlin - Hartmut Mehdorn ist noch nicht jedem Bürger ein Begriff. „Und wo arbeiten Sie?“, wollte jüngst im Flugzeug nach Moskau eine arglose Stewardess von dem Bahnchef wissen. Übertriebene Eitelkeit ist Mehdorns Sache nicht, also antwortete er schlicht: „Ich bin von der Bahn.“ Den Hinweis, dass er schon seit acht Jahren der Kopf dieses Unternehmens ist, eines der größten des Landes mit Milliarden-Umsätzen dazu, sparte er sich – und grinste nur schelmisch.

Die Dame hat noch Zeit, sich Mehdorns Gesicht einzuprägen. Am heutigen Mittwoch wird der Aufsichtsrat den Vertrag des Vorstandschefs verlängern. Um zwei, womöglich um drei Jahre. Mehdorn, der Ende Juli 65 Jahre alt wird, hat schon jetzt dem Unternehmen seinen Stempel aufgedrückt. Nur das Meisterstück fehlt noch: der Gang der einst trägen Behörde an den internationalen Kapitalmarkt.

Dass Mehdorn trotz seines Alters weitermachen darf, liegt nicht nur daran, dass der Bund, dem noch immer hundert Prozent der Bahn gehören, so kurz vor der Teilprivatisierung nicht den Spitzenmann auswechseln will. Mehdorn, in Berlin geboren, ist über die Jahre zu einer Marke geworden, kein anderes Unternehmen wird so eng mit seinem Top-Manager in Verbindung gebracht wie die Bahn – im Guten wie im Schlechten.

Als er Ende 1999 sein Amt antrat, war der Schienenkonzern ein Sanierungsfall mit rostigen Zügen, verdreckten Bahnhöfen und mickrigen Geschäftszahlen. Mehdorn, studierter Ingenieur, krempelte das Unternehmen um. Mit dem Staat im Rücken investierte er Milliarden – in moderne Bahnhöfe, neue Geschäftsfelder, neue Unternehmen, neues Material. Auch zehntausende Stellen fielen weg. Heute sind zwei von drei Waggons neu, die Kunden kommen wieder in die Züge, der Gewinn liegt bei 2,5 Milliarden Euro. Weltweit brummen Schiffe, Flugzeuge und Lastwagen für die Bahn, jeder fünfte der 230 000 Beschäftigten arbeitet im Ausland. Mehdorns nächster Coup ist der Kauf der britischen Güterbahn EWS und der Einstieg beim spanischen Logistiker Transfesa für mehr als 700 Millionen Euro. „Wir sind keine Schlaffmänner“, sagt Mehdorn, der Hauptmann der Reserve, wenn er von seiner Arbeit erzählt.

Mit seinem Kurs hat er sich nicht nur Freunde gemacht – Dorfbürgermeister, die ihm reinreden wollen, sind ihm ebenso ein Greuel wie „so genannte Verkehrsexperten“ im Bundestag oder Umweltaktivisten, für die eine private Bahn ein Horrorszenario ist. Sie bekommen von Mehdorn ihr Fett weg.

Das nützt ihm nicht immer. Der Streit um den Bahnhof Zoo, um Dach und Decke im Hauptbahnhof, um immer wieder teurere Fahrscheine, die Abschaffung von Speisewagen oder den Umzug der Zentrale von Berlin nach Hamburg – oft eckt Mehdorn an, weil er sich nicht verstanden fühlt und er andere nicht versteht, vor allem die Kunden. Beinahe den Job gekostet hätte ihn dies beim Umbau des Preissystems für den Fernverkehr 2002. Die Leute hielten nichts davon, Bahnfahrten Tage im Voraus zu planen. Die Reform geriet vom Coup zum Flop, sein Stuhl wackelte.

Heute ist Mehdorns Macht wieder ungebrochen. Den Verkehrsminister und die meisten Politiker, die über das Wohl der Bahn entscheiden, hat er fest im Griff, dank einer aufwändigen PR- und Lobby- Maschine. Dass der Konzern zusammen mit den Gleisen privatisiert gehört, nennt daher nicht nur er „Nonsens“. Derzeit sieht es so aus, als könnte die Bahn tatsächlich 2008 an den Kapitalmarkt. Dass es ihm darum geht, sich ein Denkmal zu setzen, bestreitet er. „Darauf pfeife ich, und wenn es darum ginge, hätte ich es schon.“

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